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Castorf theoretisch raus?

Wie die Aufsichtsratsvorsitzende der Ruhrfestspiele doch nicht über die Zukunft von Festivalleiter Frank Castorf und ein 700.000 Euro-Loch geredet haben will

RUHR taz ■ Im Gespräch mit der taz äußerte sich die Aufsichtsratsvorsitzende der Ruhrfestspiele, Ingrid Sehrbrock, gestern skeptisch über die Zukunft der Ruhrfestspiele unter dem Festivalleiter Frank Castorf. Doch zwei Stunden später wollte die DGB-Bundesvorstandlerin Sehrbrock von dem Gespräch nichts mehr wissen und ließ durch DGB-Pressesprecherin Marion Knappe mitteilen, das Gespräch habe so nicht stattgefunden. Die Aussagen seien so nicht gefallen. Deshalb drohte der DGB der taz mit presserechtlichen Schritten.

Im Gespräch mit der taz sprach Sehrbrock über die am Montag anstehende Sitzung des Aufsichtsrates der Ruhrfestspiele, bei der über die Zukunft von Frank Castorf entschieden werden soll. Dass Castorf weiter in der Verantwortung bleibe, sei theoretisch noch denkbar. Allerdings habe die schlechte Bilanz der letzten Spielzeit ein Loch von 700.000 Euro in die Festival-Kasse gerissen. Der DGB habe aber von Anfang an, so Sehrbrock, darauf gesetzt, das Stammpublikum nicht zu verlieren. Durch die schlechte Zuschauer-Bilanz stünde im nächsten Jahr nur noch die Hälfte des Etats zur Verfügung.

Auch die Stadt Recklinghausen sehe die Entwicklung laut Sehrbrock nicht positiv. Am Montag werde eine endgültige Entscheidung gefällt. Wichtig sei für den DGB, dass die finanzielle Beteiligung des Landes an den Ruhrfestspielen bestehen bleibe. Man sei stark auf die Landesmittel angewiesen.

Rund um die kommende Aufsichtsrats-Sitzung ist der Streit zwischen den Anhängern von Castorf und dem DGB eskaliert (die taz berichtete). Gerard Mortier legte sein Amt als Intendant nieder. Beschwerte sich, zu der Sitzung nicht ordnungsgemäß eingeladen worden zu sein. Auch Kulturminister Michael Vesper (Grüne) wird an der Sitzung nicht teilnehmen können. Sehrbrock bestätigte der taz, den Termin weder mit Mortier noch mit Vesper abgesprochen zu haben. Ob Castorf eine Ablöse vom DGB und der Stadt angeboten bekommen habe, wenn er seinen Sessel vorzeitig verlasse, wollte Sehrbrock nicht kommentieren.

Der Kulturminister kommentierte die Vorgehensweise des DGB als „scheinheilig“. Vesper bestätigte der taz gestern, dass er für den Montag eine Einladung erhalten habe, zur Sitzung dazuzustoßen. Allerdings sollte er erst um 20.15 Uhr teilnehmen, die Sitzung aber schon um 18Uhr beginnen. die Redaktion

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