piwik no script img

Preiswürdige Courage

Der CSD-Preis an verdiente Homokulturprojekte würdigt vor allem Arbeiten, die nicht auf Glamour angelegt sind

Soll ja keiner sagen, dass die Parade zum Christopher Street Day frei von Politik gehalten würde: Zwar wird es von außen betrachtet auch dieses Jahr aussehen, als führten Schwulen- und Lesbengruppen eine Leistungsschau ihrer körperlichen Vorzüge durch. Viele der Umzugswagen sind von Bars und Diskos gesponsert, die auf ihre Weise meist mit sehr lauter Musik auf sich aufmerksam machen: TänzerInnen inklusive.

Aber vom Motto abgesehen („Homokulturell, multisexuell, heterogen“) und von den bürgerrechtlichen Forderungen (der Anerkennung von geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgrund beispielsweise), sind es vor allem die sechs Zivilcouragepreise, die der CSD in diesem Jahr gezielt an Projekte vergibt, die Aufmerksamkeit verdienen.

Solche, die fast noch underground arbeiten – und ihren Teil dazu beitragen, dass Berlin nicht nur über ein dichtes Netzwerk sexueller Anbahnungsorte verfügt, sondern auch über eines des politisch-kulturellen Gedächtnisses für alle Mitglieder der Queer Nation (zu ihr gehören alle, die nicht heterosexuell sind).

Das Xenon-Kinoteam bekommt den Preis für die Mühe, „abseits vom profitorientierten Mainstream“ das einzige Lichtspielhaus mit schwullesbischem Schwerpunkt am Leben zu halten. Mahide Lein erhält ihn „für ihren unermüdlichen Einsatz, Themen wie Feminismus, lesbischen Sex und Politik mit kulturellen Darbietungen aus allen Teilen der Welt zu verknüpfen“.

Ralf König, der berühmteste schwule Karikaturist aus Köln, wird preisgewürdigt, „weil er ohne Beschönigungen mit seinen Knollennasenmännchen schwulen Lebensstil einer breiten Öffentlichkeit“ nahe gebracht hat. Das Lesbenarchiv Spinnboden bekommt den Preis, weil es Lesbenkultur und -forschung erst möglich gemacht hat. Das Schwule Museum, das eine Fülle von Ausstellungen organisiert hat und weltweit das einzige seiner Art ist, bekommt die Auszeichnung, weil ohne es der gesellschaftliche Diskurs zu Homosexuellem ärmer wäre.

Den Ehrenpreis erhalten die Warschauer CSD-Organisatoren: Ihr Karneval wurde kürzlich zum realen Politikum, als der Bürgermeister ihn verbot. JAF

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen