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Journalisten streiten um rechten Weg

Die umstrittene Berliner Abteilung des Journalistenverbandes DJV wehrt sich vor Gericht erfolgreich gegen Ausschluss. Derweil fürchtet die renommierte Berliner Journalistenschule um ihr Image – und ihr Geld. Ein Großteil kommt vom Berliner DJV

VON FLORIAN HÖHNE

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte, sagt der Volksmund. Beim Streit im Deutschen Journalistenverband (DJV) trifft das Gegenteil zu: Der Dritte, in diesem Fall die renommierte Berliner Journalisten Schule (BJS), blickt in eine ungewisse Zukunft.

Formell ist die Schule zwar unabhängig vom Berliner DJV. Doch rund ein Drittel der Gelder kommen auf direktem oder indirektem Wege vom Berliner Landesverband der Journalisten. Wer genau dieser Landesverband künftig sein wird, ist derzeit völlig offen.

Die Hintergründe des Streits klingen abenteuerlich: Eine Gruppe von rund 40 Berlinern war zunächst in den Brandenburger Verband eingetreten, um dort Torsten Witt zum Vizechef zu wählen. Gegen den Vorwurf, er sei rechtsextrem, erwirkte Witt später eine einstweilige Verfügung. Pünktlich zur Berliner Vorstandswahl Anfang Juni wechselte der Trupp der 40 in den Hauptstadtverband. Mit dessen Stimmen wurde dort der skandalumwobene Landesvorsitzende Alexander Kulpok im Amt bestätigt.

Viele Mitglieder protestierten und fühlten sich von rechts unterwandert. Der Bundesvorstand griff ein und schloss beide Landesverbände aus: „Die Landesvorstände haben gegen die Spaltung nichts unternommen“, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken, „wir mussten einen Imageverlust des DJV abwenden.“ Die Landesverbände sollte Anfang Juli neu gegründet werden (taz berichtete).

Doch daraus wird erst mal nichts. Denn Kulpok erwirkte nun vor Gericht eine einstweilige Verfügung. Die Richter entschieden, dass ein Ausschluss nach der Satzung des DJV nur von einem Verbandstag mit drei Vierteln der Stimmen beschlossen werden kann. Der habe nicht getagt, deshalb dürfe der DJV auch keinen neuen Berliner Verband gründen. Mit dem Gerichtsentscheid ist wieder unklar, wer künftig die knapp 4.000 Berliner DJV-Mitglieder vertreten wird.

Das Schlimmste für die Berliner Journalisten Schule wären zwei konkurrierende Verbände, sagt Christoph Reinhardt, Vorsitzender des Trägervereins der BJS. „Einer von zwei zerstrittenen Verbänden könnte die Unterstützung der Schule wohl allein nicht sicherstellen.“ Die Berliner Journalisten Schule – neben der Münchner Einrichtung und der Hamburger Nannen-Schule eine der drei großen in Deutschland – finanziert sich aus Spenden, Fördermittel des europäischen Strukturfonds und – wie gesagt – durch Mittel des DJV-Berlin.

„Ohne den Landesverband würde es nicht gehen“, so Reinhardt. Das gelte nicht nur für das Finanzielle: „Der gute Ruf des DJV ist auch für unser Qualitätsimage wichtig.“ Geschäftspartner, Vermieter und Spender hätten sich wegen der Streitigkeiten schon erkundigt, was denn los sei, erzählt Reinhardt. „Wir sind mit im Gerede“, klagt auch Schulleiter Manfred Volkmar und betont, dass DJV und Journalistenschule formal getrennt seien. „Das ist zu wenig bekannt.“

Aktuell bestehe keine Gefahr für die Schule, versichert Reinhardt. Die Finanzierung für dieses Jahr sei gesichert. „Bis September muss die Situation im Berliner DJV aber geklärt sein.“ Dann beginnt das Ausschreibungsverfahren für die Journalistenklasse des nächsten Jahres.

Das Lehrpersonal muss sich derweil Drohungen des umstrittenen DJV-Landesvorsitzende Kulpok anhören. Der hat öffentlich angekündigt, die Recherchekompetenz der Dozierenden überprüfen zu wollen. Burkhard Schröder, ehemaliger Lehrbeauftragter an der BJS und anerkannter Experte für Vorgänge in der rechtsextremen Szene, hatte zuvor Thorsten Witts Nähe zum rechten Milieu thematisiert.

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