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„Ich hasse Routine“

Guus van der Upwich war in Bremen mal Drogenbeauftragter. Doch in der letzten Zeit häufen sich seine Auftritte als Moderator, zurzeit moderiert er das Bürgerbeteiligungsverfahren zur Zukunft des Stadionbads. Ein ungewöhnlicher Lebenslauf

Guus van der Upwich: „Viele kommen bei den öffentlichen Auftritten auf mich zu und sagen: Bist du wieder zurück?“

„Wieso kommen Sie zur Arbeit? Es muss Sie etwas fesseln!“ Sowas hört man in Deutschland nicht alle Tage. Die wenigsten Menschen sind sich zudem sicher, dass Arbeit im positiven Sinne fesseln könnte. Vielleicht, bis sie auf Guus van der Upwich treffen. Den Mann, der vor Jahren das öffentlich-rechtliche Amt des Bremer Drogenbeauftragten an den Nagel hängte – als es ihm reichte, aber bevor es ihm über war. Und der heute freiberuflich als Moderator in überwiegend gemeinnützigen Unternehmen „Prozesse hinkriegt“. Grob gesagt: Dafür bezahlt wird, dass Menschen sich mit seiner Hilfe einigen, oder –wenn der große Wurf schon nicht klappt – wenigstens kleine Lösungen verabrede

An diesem Wochenende soll es wieder so weit sein. Upwich wird dann die Abschlussrunde im Bürgerbeteiligungsverfahren „Stadionbad“ moderieren, damit die Menschen nach einem guten halben Jahr Debatte endlich wissen, welche Vorschläge für den Freibadumbau denn nun auf den Tisch kommen sollen. Am Wochenende davor war er in Sachen „Changemanagement“ im Haus der Bremer Bürgerschaft: Welche Kirche brauchen wir, wohin soll die Veränderung gehen? lautete die Frage. Aber es darf sich auch um kleinere Probleme handeln, um den Ärger am Beachclub auf der Museumsinse beispielsweise. Sowas scheint ihm ganz übersichtlich: Da gibt es einen, der eine Idee hat, ein paar die dagegen sind – und ein paar sachliche Störfaktoren wie laute Menschen und brummende Motoren. Der Generator sei zu laut, hat Upwich in der Zeitung gelesen. „Das lässt sich doch regeln“, stöhnt er. „Wissen die denn nicht, dass es Styropor gibt?“

Ein klein wenig Hartleibigkeit, ein gutes Maß an Neugier und viel nüchternen Menschenverstand muss man als Konfliktmoderator, Führungscoach und Leitbildentwickler schon mitbringen. Alles Upwichs Arbeitsgebiete. „Alte Muster kaputt machen“, sagt er. Vorher gebe es nichts Neues. Dafür steht er als Geschäftsführer der Bremer Neuhimmel Forum gGmbH, die vor allem Non-Profit-Einrichtungen berät.

Das Gute bei seiner Arbeit: Die Themen wachsen nach – auch wenn viele Firmen gerade sparen müssen. Das Beste aber: Diese Themen halten den drahtigen Mann mit den tiefen Lachfalten in Bewegung – so wie einer es braucht, der in Sambas auf Indonesien geboren ist, es bei der niederländischen Armee bis zum Offizier gebracht hat und dann Ende der 70er Jahre an der Bremer Universität Sozialwissenschaften studierte.

„Ich hasse Routine“, sagt Upwich von sich selbst. „Er ist ein Reisender“, sagen Freunde über den Mann mit dem holländischen Pass. Und dass sie an ihm das Pragmatische schätzen. „Das hat er wohl aus den Niederlanden mitgebracht.“ Wie auch das unüberhörbare Rollen der Worte im Gaumen. Beispielsweise, wenn er neuerdings ständig betonen muss, dass er nie weg war aus Bremen.

„Viele kommen bei den öffentlichen Auftritten auf mich zu und sagen: Bist du wieder zurück?“, lacht Upwich. Dabei habe er nur auswärts gearbeitet. Erst Drogenarbeit, später ähnliches dann noch mal an der Weser. Aber nur kurz. Einen „biographischen Unfall“ nennt der 56-Jährige diese Zeit, die doch sein Sprungbrett in die Selbstständigkeit war – die er heute genießt. So anstrengend wie sie ist, ist sie doch fesselnd. Und dass Arbeit fesseln muss, glaubt Guus van der Upwich schon.

Eva Rhode

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