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Pralle Ordner mit tausenden Beschwerden

Eine ganze Region wehrt sich gegen die Flughafenerweiterung in Frankfurt. Geschützter Wald könnte gefällt werden

Bürgemeisterbeschweren sich:Umweltschutz inGutachten „vergessen“

FRANKFURT/M. taz ■ An den prall gefüllten Aktenordnern mit mehr als 10.000 Einwendungen von einzelnen Personen, Umweltschutzgruppen, zahlreichen Kommunen und Landkreisen hatte der Regierungspräsident (RP) in Darmstadt gestern schwer zu tragen. Eine ganze Region wehrt sich wieder einmal: in diesem aktuellen Fall gegen den von der Frankfurter Flughafenbetreibergesellschaft Fraport AG geplanten Bau einer gigantischen Werfthalle zur Wartung des ebenso gigantischen, neuen Großraumflugzeugs Airbus A 380; und in Permanenz noch immer gegen den geplanten Bau einer neuen Landebahn Nord im Kelsterbacher Wald.

Die Region war schon einmal Schauplatz einer auch gewalttätigen Auseinandersetzung um die Erweiterung des Weltflughafens am Stadtrand der Mainmetropole. Beim „verlorenen“ Kampf um den Bau der Startbahn West holten sich viele Bürgerinnen und Bürger in den frühen Achtzigerjahren blutige Nasen.

So weit soll es heute nicht kommen. Die Kommunen und Bürgerinitiativen wollen gegen den Neubau juristisch vorgehen. Der Widerstand gegen den geplanten Hangar ist groß. Gerade die Kommunen, die von dem eventuellen Landebahnbau im Nordwesten besonders betroffen sind, interpretieren den Neubau als „ersten Schritt im Rahmen der Verwirklichung der gesamten Erweiterungsplanung“. Die Fraport AG behauptet dagegen, dass der Hangar für den A 380 unabhängig von anderen Ausbauplänen errichtet werden müsse.

Geglaubt wird ihr nicht. Aus den Unterlagen zur Planfeststellung geht hervor, dass der Standort für den Hangar im Süden des Frankfurter Flughafens deshalb ausgewählt wurde, weil im Nordwesten schon die neue Landebahn fest eingeplant ist. Ohne Landebahn könnte die Wartungshalle also auch im Nordwesten errichtet werden; und im Süden würde der Bannwald geschont. Die Bürgermeister vieler Kommunen am Airport und die Landräte aus der Region ließen es sich nicht nehmen, während der Abgabe der Unterschriften beim RP dabei zu sein. Der RP ist die unterste Genehmigungsbehörde beim laufenden Planfeststellungsverfahren.

Das Raumordnungsverfahren zum Bau der Werft kam dagegen bereits zu einem viel kritisierten Abschluss. Die Bürgermeister von Hochheim, Flörsheim und Hattersheim bescheinigten dem Gutachten „gravierende Mängel und Unbrauchbarkeit“. Obgleich der geschützte Bannwald für den Neubau gefällt werden müsste, sei der Naturschutz „völlig unberücksichtigt“ geblieben.

Der Landrat des Landkreises Groß-Gerau, Enno Siehr (SPD), fordert jetzt von der Landesregierung (CDU) die Aufgabe aller Ausbaupläne am Frankfurter Flughafen. Die Entwicklung „intelligenter Alternativen“ müsse doch möglich sein, meint er. Für ihn zählt dazu zum Beispiel die noch engere Anbindung von Rhein-Main an den Flughafen Hahn und die Kooperation auch mit anderen deutschen Flughäfen. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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