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Liefers singt Ostrock-Balladen

Im zwanzigsten Jahr der Wiedervereinigung geht der gesamtdeutsche Vorzeigeschauspieler Jan Josef Liefers mit dem Programm „Soundtrack meiner Kindheit“ auf Tour. Der Mime, der den skurrilen Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne im Tatort Münster darstellt und zuletzt im „Baader-Meinhof-Komplex“ zu sehen war, ist gebürtiger Dresdner.

Mit seiner Band „Oblivion“ spielt Liefers während der deutschlandweiten Tournee Stücke, die den 44-Jährigen durch seine Kindheit und Jugend begleitet haben. Mit Ostalgie hat das nichts zu tun. Vielmehr will Liefers seine ganz private DDR-Geschichte erzählen – mit Super-8-Filmen, O-Tönen und einer Auswahl seiner Lieblingshits.

Ob den Zuhörern in Hamburg, Hannover und Bremen die Rockballaden von bekannten DDR-Bands wie „Lift“, „Klaus-Renft-Combo“ oder „Silly“ ins Ohr gehen, ist fraglich. Denn eines haben Ostrock-Stücke wie „Am Abend mancher Tage“ oder „Wo bist du“ gemeinsam: Sie sind immer etwas zu viel. Etwas zu viel Orgel hier, etwas zu viel Gitarre da und immer etwas zu viel Melancholie im Gesang. Liefers und seine Band nehmen nun dieses „zu viel“ und specken es ab, Ostrock Light sozusagen. Die traurig-schönen Texte allerdings, die bleiben. Zusammen mit dem geradlinigen Gesang Liefers wirken diese nun aber merkwürdig nackt. Die raue Stimme einer Tamara Danz ist eben nicht so einfach zu ersetzen. Und auch das heisere Timbre des 2006 verstorbenen Klaus Renft ist und bleibt ein Unikat.

Spannend ist die Reise in die Zeit der Amiga-Schallplatten aber auch ohne Vorkenntnisse. Denn anders als auf den ersten Blick vermutet, sind die Pop-Songs des Ostens nicht zwingend unpolitisch. So ist der Renft-Titel „Als ich wie ein Vogel war“ zweifellos ein Stück über die Freiheit. Wie es ist, von dieser zu träumen, davon kann Jan Josef Liefers ein Lied singen.UTA GENSICHEN

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