Kollegen nur in Nebenrollen

Der Einfluss der Beschäftigten in den NRW-Großparteien schwindet. CDU-Sozialausschüsse verärgert über arbeiterfeindliche Pläne der Parteispitze. Auch SPD-Arbeitnehmerflügel in der Defensive

VON MARTIN TEIGELER

Die Vertreter der Beschäftigten sind sauer. „Es muss endlich Schluss sein mit immer neuen Zumutungen für die Arbeitnehmer“, sagt Hermann-Josef Arentz, Vize-Fraktionschef der NRW-CDU und Vorsitzender der christdemokratischen Arbeitnehmer (CDA). „Diese Vorschläge sind wenig konstruktiv“, springt ihm der nordrhein-westfälische CDA-Chef Ralf Brauksiepe bei. Die Kollegen wehren sich gegen Ideen der Parteispitze, wonach die Arbeitnehmer-Rechte weiter eingeschränkt werden sollen.

Während die Arbeiter in der SPD noch die verlorenen Kämpfe gegen Agenda 2010 und Hartz betrauern, scheinen jetzt auch die konservativen Arbeitnehmer auf die Barrikaden zu gehen. Am Montag hatte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer ein Papier vorgelegt, das die Prinzipien des rheinischen Kapitalismus, die Errungenschaften christdemokratischer Sozialpolitik, auf den Kopf stellt. Die Arbeitnehmer-Mitbestimmung soll eingeschränkt, der Kündigungsschutz bei Firmen mit weniger als 20 Beschäftigten abgeschafft, Tarifverträge aufgeweicht und das Arbeitslosengeld gekürzt werden – für die CDU-Sozialausschüsse ein Horrorkatalog.

Generalsekretär Meyer aus Hamm profiliert sich zum wiederholten Male mit radikalen Positionen – und die größtenteils aus NRW kommende CDA-Spitze trommelt dagegen. Bereits bei den Themen Kopfpauschale und Steuerreform befanden sich die CDU-Arbeitnehmer in der Defensive. Selbst wenn das neue Thesenpapier nicht konkrete Politik wird, scheint es nur eine Frage der Zeit, wann die CDU-Spitze erneut tarif- und arbeitsmarktpolitische Kernpunkte auf den Prüfstand stellt.

„CDU und SPD überbieten sich darin, Arbeitnehmer-Rechte abzuschaffen“, klagt Hans Vieregge, Gewerkschaftssekretär der IG Metall aus Detmold. Beide Großparteien seien „neoliberal“ geworden, betrieben eine „Umverteilung von unten nach oben“, sagt Vieregge. Deshalb hätten sich viele Gewerkschafter aus der Mitarbeit in den Volksparteien verabschiedet. Auch in den Betrieben gebe es einen „allgemeinen Frust“, so Vieregge. „Bei den nächsten Wahlen werden viele Kolleginnen und Kollegen weder CDU noch SPD wählen.“

Das wollen die Arbeitnehmer in der SPD verhindern – trotz aller internen Konflikte. Bei der jüngsten NRW-Konferenz der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) war Hauptredner und NRW-SPD-Fraktionschef Edgar Moron am letzten Samstag von Diskussionsrednern teils lautstark angegriffen worden, weil er die Reformen verteidigt hatte. „Wir schauen jetzt nach vorn und wollen die Beschäftigten über die Kahlschlagspläne der CDU aufklären“, sagt Rainer Schmeltzer, frisch wieder gewählter AfA-Landesvorsitzender. An die Adresse der AfA-Mitstreiter sagt Schmeltzer: „Es reicht nicht, auf einer Konferenz zu meckern.“ Die SPD-Arbeitnehmer müssten in den Gremien der Partei wieder aktiver werden und für die Interessen der Beschäftigten streiten. Gewerkschafter und Noch-SPDler Hans Vieregge will dabei nicht mitmachen. Der Detmolder hat sich dem neuen Linksverein „Wahlalternative“ angeschlossen. Für SPD-Mann Schmeltzer ist das keine Alternative: „Die CDU-Pläne kann man nicht aus der linken Oppositionsrolle heraus stoppen.“