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Handy benutzt, Ministerin kippt

Sie war die Vorzeigefrau der FDP in Baden-Württembergs Kabinett: Mit dem Rücktritt von Justizministerin Werwigk-Hertneck verlieren die Liberalen den zweiten Minister in derselben Affäre. Telefonisch hatte sie Walter Döring vor Ermittlungen gewarnt

VON HEIDE PLATEN

Gestern Vormittag gab auch die baden-württembergische Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) ihren Rücktritt bekannt. Damit folgt sie ihrem Parteikollegen, dem Wirtschaftsminister Walter Döring nach, der vor vier Wochen seinen Abschied eingereicht hatte. Auch Werwigk-Hertneck ist damit Opfer von dessen so genannter Umfrage-Affäre geworden. Döring hatte aufgegeben, nachdem die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vorteilsnahme gegen ihn ermittelt und auch Räume im Wirtschaftsministerium durchsucht hatte.

Döring soll sich eine Umfrage zu seiner eigenen Politik von der PR-Firma Hunzinger finanziert haben lassen. Werwigk-Hertneck hatte ihn am 6. Juli morgens um sieben Uhr per Handy angerufen und vorab von einem neuen Ermittlungsverfahren wegen uneidlicher Falschaussage gegen ihn informiert. Die Ministerin hatte dies schon in der vergangenen Woche bestätigt. Sie sei dazu aber berechtigt gewesen, weil die Staatsanwaltschaft Stuttgart Döring diese Tatsache ohnehin am gleichen Tag per Post mitgeteilt habe. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Döring von ihr bei einem zweiten Telefonat außerdem Informationen über den Verfahrensstand erhalten haben soll. Die SPD-Opposition warf Werwigk-Hertneck vor, sie habe durch diese „Vorwarnung“ ihr Amt missbraucht und „Dienstgeheimnisse“ verraten. Sie stellte einen förmlichen Antrag auf Entlassung der Ministerin.

Weil Details aus den Döring-Verfahren öffentlich bekannt geworden waren, ermittelte die Staatsanwaltschaft bereits gegen Unbekannt, wegen der „Telefon-Affäre“ nun auch gegen Werwigk-Hertneck. Die Politikerin bestritt den zweiten Anruf und wies die „völlig aus der Luft gegriffenen Behauptungen“ in ihrer Rücktrittserklärung zurück: „Ich habe stets die Wahrheit gesagt.“ Sie wolle lediglich das gefährdete Ansehen der Justiz schützen: „Um von ihr Schaden abzuwenden, trete ich als Justizministerin und als Ausländerbeauftragte des Landes zurück.“

Die Ministerin hatte ihr Amt im Winter 2002 übernommen und sorgte gleich zu Beginn für Streit, weil sie nicht aus ihrer Rechtsanwaltskanzlei ausscheiden wollte. Die 51-Jährige stammt aus einer angesehenen Stuttgarter Juristenfamilie. Als Ministerin kritisierte sie ihren Berliner Kollegen Otto Schily, der den Terrorismus mit uneffektiven Mitteln und übertriebener Überwachung der Bürger bekämpfen wolle. Sie forderte eine „bürgernahe Justiz“, verlangte ein Abschiebemoratorium und lobte den Zuwanderungskompromiss. Sie engagierte sich für die Justizreform, entwarf ein Gesetz zur anonymen Geburt und eines zur Graffitibekämpfung.

Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU), der sein Kabinett nach dem Rücktritt Dörings erst Anfang Juli umgebildet hatte, hielt sich mit Kritik an der Ministerin zurück. Bisher könne er „kein Fehlverhalten“ erkennen. Die gerade als Döring-Nachfolgerin zur FDP-Landesvorsitzenden gewählte Birgit Homburger versicherte ihrer Stellvertreterin „das volle Vertrauen“ des Präsidiums. Harscher reagierte der baden-württembergische Verband der Richter und Staatsanwälte, der befand, die Justizministerin hätte sich heraushalten und schweigen müssen. Als Nachfolger wird derzeit der Landtagsabgeordnete Jürgen Hofer gehandelt.

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