WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Ein Junge wächst auf im Schatten seines Bruders, dessen Abwesenheit offensichtlich schwerer wiegt als die eigene Anwesenheit. „Der Verlorene“ kam in den Wirren der letzten Kriegswochen auf der Flucht seiner Eltern aus den deutschen Ostgebieten abhanden, der Bruder wurde erst nach dem Krieg geboren. Hans-Ulrich Treichels Erzählung gehört zu den literarischen Texten, die deutsches Kriegsleid zum Thema haben. Sie beschreibt auch die Unfähigkeit der Kriegsgeneration, sich mit den neuen Realitäten abzufinden. Boris von Poser hat die Erzählung für das Theater bearbeitet. Seine Inszenierung ist ab Donnerstag in den Sophiensælen zu sehen. Die Königstochter Salome liebte den Propheten Jochanan leider vergeblich. Was für den frommen Mann zur Folge hatte, dass sein Kopf ihr auf dem Silbertablett serviert wurde und er gegen ihre Küsse nicht mehr protestieren konnte. Oscar Wilde schrieb den Einakter, um das viktorianische Britannien zu brüskieren. Armin Holz hat in seiner mit Hans-Michael Rehberg und Ingrid Andree hochkarätig besetzten Inszenierung in der Probebühne Cuvrystraße ein Spiel um Macht, Reichtum, Sexualität und religiöse Wahnvorstellungen gesehen. Nach der Schaubühne macht sich jetzt auch das BE für die neue Spielzeit warm und zeigt zum Auftakt Robert Wilsons Inszenierung von Georg Büchners „Leonce und Lena“, zu der Herbert Grönemeyer die Musik geschrieben hat. Im Übrigen tobt über die Berliner Bühnen immer noch das 15. Internationale Tanzfestival: u. a. mit Anne Teresa de Keersmaekers Tanzabend „Once“ zu Liedern von Joan Baez (im Hebbel-Theater, heute und morgen) und der Produktion „Supra“, in der 13- und 18-jährige Studenten der Akademie für Tanz und Gesang in Kutaisi Variationen über georgische Folklore & Rituale präsentieren (Theater am Halleschen Ufer, Mittwoch und Donnerstag).
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