piwik no script img

Peng! Boorn To Be Wi-hild!

Das Bremer Comic-Magazin „Panel“ ist seit fünfzehn Jahren eine bundesweite Institution für Newcomer und neue Zeichentrends. Immer wieder heimsen die beteiligte Künstler die begehrtesten Preise der Zunft ein. Stilistische Vielfalt

„Mit Künstlerallüren soll man in Galerien gehen oder dokumentarische Videos drehen“, sagt Andreas Keiser. „Comic braucht von der Seele her was Punkiges.“ Für Zeichner, die so denken, gibt es das Bremer Comic Magazin „Panel“. Das Heft erscheint jährlich in einer Auflage von 1.200 Stück und steht zwischen Underground und Kunst.

Was sich vor fünfzehn Jahren aus der comiclastigen Schülerzeitung „L-Escamoteur“ entwickelte, ist inzwischen eine bundesweite Institution für talentierte Newcomer des Genres geworden. Die ersten Arbeiten von Stefan Katz und Max Goldt erschienen dort, Peter Puck ist mit seinen „Rudi“-Comics von der ersten Ausgabe an dabei gewesen.

Beim diesjährigen Comic-Salon in Erlangen wurden gleich zwei „Panel“-Schützlinge mit Preisen ausgezeichnet: Ulf K. (Keyenburg) erhielt den Max-und-Moritz-Preis als „Bester deutscher Zeichner“. Sein poetisches Comic-Album „Der Mondgucker“ war die erste Einzelausgabe in der Edition Panel. Markus Grolik bekam für „On the run“ (ebenfalls Edition Panel) den Independent Comic Preis für „Bestes Szenario“.

Das „Panel“-Magazin wird von Bert Dahlmann, Andreas Keiser und Stefan Ersting in ehrenamtlicher Arbeit herausgegeben und zeigt die ganze Bandbreite der Comic-Kultur: von der düsteren Detektiv-Story mit ausgefeiltem Plot bis zu niedlichen Strichmännchen. Die willkürliche Aneinanderreihung von Kurz-Strips und Grusel-Geschichten wirkt schon mal verwirrend. Aber Dahlmann sagt selbstbewusst: „Das Chaos ist Programm.“

Mitte der 90er Jahre hätte sich „Panel“ fast das eigene Grab geschaufelt: Der Enthusiasmus trieb das Team zu höheren Auflagen und gesteigertem Seitenumfang, die Finanzierung hinkte jedoch hinterher. In der Redaktion machte sich Frust breit. Warum sie schließlich doch nicht aufgegeben haben? „Wir hatten schon zu viel Arbeit reingesteckt“, so Keiser, „und irgendwann hat’s auch wieder Spaß gemacht.“ Aufwind gab es nicht zuletzt 1999 durch den Comic-Oscar „Prix Alph Art Fanzine“.

Dennoch muss das Herausgeber-Trio jedes Jahr erneut bei Null beginnen – zumindest finanziell. „Ideen gibt’s immer, nur kein Geld“, so Dahlmann. Die Anzeigen würden gerade so die Produktionskosten decken, der Verkaufserlös komme für die Nebenkosten auf. Zwar gebe es gelegentlich private Sponsoren, „aber das sind eher Freunde von Freunden, die uns ein wenig unterstützen, wenn sie grade selbst gut verdienen“. Um Förderung durch kulturelle Institutionen hat sich Dahlmann zwar bemüht, doch ohne Erfolg: „Man muss sehen, dass die nicht gerade auf uns gewartet haben.“ Warum eigentlich nicht? „Comic hat in Deutschland immer noch ein Schmuddelimage.“

Von dem will „Panel“ gerade weg, wie der Untertitel „ambixious comix“ zu verstehen gibt. Das Magazin sei zwar ein Nachwuchsforum, aber, so Keiser, „wir wollen auch das Beste, was wir in die Finger kriegen.“

Keiser, der an der HfK Bremen Grafikdesign studiert, ist ursprünglich selbst als Zeichner zu „Panel“ gekommen. „Ich bin eher der One-Page-Typ“, sagt er. Früher seien seine Protagonisten immer schon auf der ersten Seite gestorben, „dann war ich schneller fertig“. Jetzt rutschen sie nur noch auf Bananenschalen aus. „Mir reicht oft eine kurze, knackige Idee. Andere arbeiten da straighter“.

Über die Menschen hinter den Comics verrät Bert Dahlmann: „Da gibt’s die unterschiedlichsten Typen: Partylöwen, und solche, die Partylöwen-Geschichten schreiben“. So mancher Zeichner habe „Riesentalent“, aber keine Disziplin. „Die würde man am liebsten in den Kerker sperren und zwingen, am Schreibtisch sitzen zu bleiben.“

„Für Deutschlands Comic-Community ist das Internet Kommunikationsplattform Nummer eins“, so Dahlmann. Vorbei die Zeiten, als sich in Bremen der „Cartoonisten Stammtisch“ traf – neue Zeichner lernen die „Panel“-Macher vor allem auf Kontaktbörsen wie Comic-Messen und Festivals kennen. Auf einem Comicfestival in Berlin hat Keiser seine neueste Entdeckung gemacht, den Kölner Illustrator Martin Armbruster. Er erzählt seine Geschichte „Die drei Herren und Mr. Ping“ nicht in linearen Strips, sondern macht aus ihr eine verspielte Landkarte mit runden Bildern, an deren Rändern winzige Tulpen, Entenfüße oder Straßenlaternen das Geschehen kommentieren. „Ob man’s mag oder nicht, ist Geschmackssache“, sagt Keiser, „aber solche neuartigen Sachen zu zeigen, gehört zu unserer Politik.“

Zu „Panel“s Politik gehört auch, die mannigfaltige Comicwelt einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. „Zeichner wie Ulf K. sind im Ausland hoch angesehen, in Deutschland sind die Auflagenzahlen lächerlich“, so Dahlmann. Zwar hatten die Comic-Macher gehofft, die populären Mangas könnten als Einstiegsdroge wirken. Aber Keiser denkt inzwischen sehr eindeutig über die trashigen japanischen Zeichnungen: „Mangas sind pädophile Kacke“. Im Grunde gehe es dort nur um Mädchen in Miniröcken, die dauernd der Länge nach hinfallen und den Blick aufs weiße Höschen freizugeben.

Die Erotik-Szenen in „Panel“ seien zumindest immer Teil eines spannenden Handlungsverlaufs, wie in „Metropolis“ von Nic Klein. Der Zeichner wird 2005 ein ganzes Album bei Edition Panel nachlegen. Zudem wird „Panel“ im nächsten Jahr seine 25. Ausgabe feiern – statt Punk dann vielleicht lieber mit funky Gold-Cover. Sibylle Schmidt

Die frische Ausgabe von „Panel – ambixious comix“ kann unter www.edition-panel.de bestellt werden

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen