: Alles Hafen-City
Die Ausstellung „Zoll/Douane“ nähert sich dem Thema Grenze. Die Künstler zeigen sich originell, aber harmlos
Wenn eine Ausstellung in der Nähe der Hafen-City eröffnet, wird diese fix selbst zum Kunstwerk. Mit Grenzen setzten sich 27 Künstler in der jüngst eröffneten Schau Zoll/Douane auseinander. Da ist der Ort – das ehemalige Zoll-Personenabfertigungshäuschen an der Brooksbrücke – natürlich ganz passend. Zusammenhänge mit der Hafen-City mussten dagegen konstruiert werden, was bei den Eröffnungsreden auch geschah. „Sie alle vertreten die Hafen-City“, rief Kultursenatorin Karin von Welck dem Publikum entgegen. Und Deichtorhallen-Chef Robert Fleck sah in der Hafencity gleich ein Symbol für die EU-Osterweiterung. Vielsagend kommentierte Kurator Filomeno Fusco: „Ich schreibe zum Glück nicht die Reden der anderen.“
Die Ausstellung ist als dreiteilige Reihe konzipiert: Bis zum 22. August geht es um die Grenzen der EU und Deutschlands, danach mit „Grenzfall Schweiz“ um die Sonderstellung der Eidgenossen im vereinten Europa. „Grenzgänge“ als letzte Etappe soll soziale, kulturelle und politische Grenzüberschreitungen beleuchten.
In der aktuellen Präsentation gibt sich Zoll/Douane originell, aber über weite Strecken harmlos unpolitisch. Da sind zum Beispiel „Herschel und Gretel“ von Victor Kégli, lebensgroße Figuren eines „deutschen Mädels“ und eines orthodoxen Juden. Wirft man eine Münze ein, drehen sie sich um und verneigen sich vor einer Mauer. Irgendwie lustig, doch fühlt sich der Betrachter etwas allein gelassen. Martin Kunze stellt Fotos seiner „Grenzwanderung“ entlang des ehemaligen innerdeutschen Todesstreifens aus, auf dem es jetzt eifrig grünt. Thorsten Brinkmann zeigt mit „Brook 9“ im Keller der Personenabfertigung Utensilien aus dem Zollamt.
Ironisch kommentieren Victor Kégli, Patricia Pisani und Verena Schätzlein den bürokratischen Wahnsinn an der Grenze: Sie legen umständliche Phantasie-Formulare aus, die vor dem Kauf von EU-Souvenirs ausgefüllt werden müssen. Am kritischsten greift Simone Zaugg das Thema auf. Sie verwandelt die Kibbelstegbrücke in eine scheinbar idyllische „grüne Grenze“ – nur Hundegebell und Hubschraubergeräusche stören.
Leider gehört die „Bibby Altona“, die ein paar hundert Meter flussabwärts treibt, nicht mit zur Ausstellung. Denn anhand des Flüchtlingsschiffs könnte gut demonstriert werden, wie heilig den Hamburgern Grenzen immer noch sind. „Ich denke nicht, dass die Ausstellung in direktem Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik steht“, so die Kultursenatorin. Doch die Schau zeige, wie aktuell diese Fragen seien. Würde sie die Ausstellung ihren Senatskollegen empfehlen? Bedeutungsschwanger antwortet da die Senatorin: „Das tue ich immer.“ Marc-André Rüssau
„Grenzfall Schweiz“: 28.8.–19.9. „Grenzgänger“: 25.9.–17.10.; ehemalige Personenabfertigung an der Brooksbrücke. Geöffnet täglich 13–18 Uhr
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