NORDKOREAS DIKTATOR IST ES BITTERERNST MIT DER BOMBE: Kim und der Krieg
Wenn sogar Washington die nordkoreanischen Atomdrohungen unter den Teppich kehrt – dann ist es an der Zeit, sie ernst zu nehmen. Man hatte sich im Laufe der spätestens seit dem 11. September 2001 wieder latent akuten Nordkoreakrise daran gewöhnt, dass die Provokationen des Regimes in Pjöngjang durch die Bush-Administration bekannt gegeben werden. Das ließ sie insofern hohl klingen, als Bush mit seiner Einbeziehung Nordkoreas in die „Achse des Bösen“ anfangs selbst den großen Provokateur spielte. Doch derzeit, inmitten des Nachkriegsschlamassels im Irak, kann man der US-Regierung wahrhaftig nicht vorwerfen, den diplomatischen Ton auf der koreanischen Halbinsel noch zu verschärfen. Daher also die abwiegelnde Reaktion Washingtons auf Pjöngjangs jüngste Drohungen: Sie zeigt, wie ernst es der kommunistische Erbfolgediktator Kim Jong Il meint.
Diesmal sind sogar die Pekinger Kommunisten erzürnt und geben die Drohung über ihre Medien bekannt. Das ist noch nie passiert und ein verlässliches Zeichen dafür, dass Kim im völligen Alleingang handelt. Damit wird der Diktator noch unberechenbarer. Von Mao Tse-tung hat er gelernt, dass das im Krieg ein Vorteil ist. Hier scheint Kims Kernbotschaft zu liegen: Er glaubt an die Unvermeidbarkeit des Krieges. Er braucht die Bombe, wenn schon nicht für den unmöglichen Sieg, dann wenigstens um Weltgeschichte zu schreiben.
Manche haben das als „Privatisierung des Krieges“ beschrieben. Während Tyrannen wie Hitler und Stalin im 20. Jahrhundert noch gut funktionierender Staatsapparate und Armeen bedurften, um Millionen Menschen in den Tod zu treiben, kann dies Kim heute an der Spitze eines der ärmsten und zurückgebliebensten Länder der Welt gelingen. Auf genau diese Gefahr zielt übrigens die vor knapp einem Jahr formulierte neue Nationale Sicherheitsstrategie der USA. Viele Probleme wurden dort richtig erkannt. Doch wie gut, dass ein offenbar geläutertes Washington heute in der Nordkoreakrise nicht gleich an einen weiteren Präventivkrieg denkt. Sonst stünde der Atomkrieg fast schon vor der Tür. GEORG BLUME
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