: Die prozentetagung
Bei der fraktionsklausur in Linow geht es um verkehrspolitik und einen schulterschluss mit Brandenburg
Formal ist das alles ganz einfach. Claudia Hämmerling, ohnehin mit dem benachbarten fachgebiet stadtentwicklung betraut, übernimmt für die Grünen im abgeordnetenhaus auch noch den bereich verkehr. Tatsächlich aber steht die Grünen-fraktion, die kleinste im parlament, vor einem großen problem: wie den ins europaparlament abgewanderten Michael Cramer ersetzen, der über ein jahrzehnt grüne verkehrspolitik verkörperte?
Das zukünftige verkehrskonzept in der post-Cramer-ära beschäftigt die fraktion heute zu beginn ihrer zweitägigen klausurtagung im brandenburgischen Linow im nordwesten Berlins. Hämmerling gilt als interimslösung, zur nächsten wahl müsse man sich intensiv über einen nachfolger gedanken machen, heißt es. Denn Hämmerling ist mit dem umfassenden thema stadtentwicklung sowie dem bereich verbraucher- und tierschutz bereits gut mit arbeit eingedeckt. Die für Cramer nachgerückte Jeannette Martins hat zwar parlamentserfahrung, aber als jugend- und sportpolitikerin.
In Linow erwartet die 14-köpfige berliner fraktion samt mitarbeitern auch ein wiedersehen mit ihrem exchef Wolfgang Wieland, der die fraktion nur einige wochen vor Cramer im mai verließ. Wieland führt die gruppe brandenburger grüner an, die ab september erstmals seit zehn jahren wieder eine landtagsfraktion in Potsdam bilden sollen. Die etablierte und die mögliche fraktion wollen freitag zusammen über bildungspolitik für ein gemeinsames bundesland Berlin-Brandenburg reden.
Umfragen hatten zuletzt über wochen für gute stimmung in beiden landesverbänden gesorgt. So wie die berliner Grünen bei der europawahl stärkste partei wurden und anschließend bei zwei umfragen auf 21 prozent kamen, schnitten auch die brandenburgischen Grünen bei der wahl mit fast 8 prozent gut ab. Prognosen sahen sie seit dem frühjahr über der 5-prozent-hürde. 1999 war die partei bei der landtagswahl nur auf mickrige 1,9 prozent gekommen. 7 prozent hatte Wieland schon zu jahresbeginn als ziel für die wahl am 19. september ausgegeben. Postsendungen der partei kommen seither schon mal mit „siebenprozentigen grüßen“ an.
Eine Forsa-studie vom montag aber sieht die brandenburger Grünen nur noch bei 3 prozent. „Ein dämpfer“, kommentierte landeschef Joachim Gessinger. Sein berliner kollege Till Heyer-Stuffer will das treffen am freitag deshalb auch dazu nutzen, den brandenburgern für die letzten fünf wochen bis zur wahl den rücken zu stärken.
STEFAN ALBERTI
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen