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Turbo-Brennstoff für AKWs

E.on will getunten AKW-Brennstoff einsetzen. Gutachter warnen vor höherem Risiko

Esensham taz ■ Zehn Prozent weniger Strahlenmüll, zehn Prozent weniger Castor-Transporte – zumindest aus Sicht der Betreiberin E.on ist der jetzt geplante Einsatz von höher angereichertem Uran-Brennstoff im AKW Unterweser nur von Vorteil. Statt 4,0 bestehen die getunten Brennelemente zu 4,4 Prozent aus Uran-235. Entsprechend können sie länger Strom erzeugen – ein wirtschaftlicher Vorteil.

Kritische Reaktor-Physiker warnen dagegen vor möglichen Gefahren durch das Tuning. Das Material im Reaktorkern werde stärker beansprucht, warnt etwa Gutachter Helmut Hirsch aus Hannover. Weitgehend unbekannt sei zudem, was während der Kernspaltung in den getunten Brennelementen passiere und wie sie sich bei einem möglichen Störfall verhielten. „Je höher der Abbrand, desto weniger Erfahrung“, sagt Hirsch. Zwar sei der Turbo-Brennstoff nicht so gefährlich wie die etwa im AKW Unterweser ebenfalls eingesetzten plutoniumhaltigen Mischoxid-Brennelemente. Das Risiko erhöhe er trotzdem. „Man rutscht näher an die Auslegungsgrenzen des AKWs heran“, umschreibt der Bremer Atomkraft-Experte Richard Donderer das Problem.

Das Umweltministerium in Hannover betont dagegen, alles ausgiebig geprüft zu haben. Eine unzulässige Gefahr gehe von dem neuen Brennstoff nicht aus. „Wenn 50 km/h erlaubt sind, und jemand auf einmal 40 statt 30 km/h fährt, kann man nicht meckern“, sagt Donderer dazu.

Noch vor 20 Jahren bestand der üblicherweise verwendete AKW-Brennstoff lediglich zu drei Prozent aus Uran-235. Der Trend zu höher angereichertem Material hat Hirsch zufolge aber zugenommen. Im AKW Emsland wird der 4,4-prozentige Stoff schon seit 2000 eingesetzt, für das AKW Grohnde hat E.on die Genehmigung dafür bereits beantragt. Ziel, sagten Experten, ist ein Uran-235-Anteil von bis zu fünf Prozent. Hirsch: „Da geht Wirtschaftlichkeit vor Sicherheit.“ sim

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