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KUNSTRUNDGANGMeike Jansen schaut sich in den Galerien Berlins um

Nun ist sie da, die Krise. Und damit bereits das Unwort 2009? Nach persönlicher Magen-Darm-Krise, noch weich in den Knien, führt ein Spaziergang entlang der Heidestraße und auf dem Areal hinter dem Hamburger Bahnhof jedenfalls gleich in die nächsten Krise. Viel Masse … Beispielsweise bei Andersen Contemporary, wo Anja Schwörers Batikbilder eine Auseinandersetzung mit Dekonstruktion leisten sollen und gar zu metaphysischen Interpretationen veränderter Oberflächen verleiten sollten. Nun gut, wenn die Oberfläche die Liebe der Künstlerin zur Metalmusik spiegelt, mich aber eher an dunkle Psychedelic, also einen eher abstrakten religiösen wie musealisierten Hippietrip, erinnert, mag das durchaus ein Überdenken von Schubladen bedeuten. Mehr leider nicht. Zwei Hallen weiter, bei Arndt und Partner, scheint die Finanzkrise noch nicht angekommen zu sein. Hier präsentiert Mathilde ter Heijne großzügig ihr neues Goddess Label. Den meisten Raum nehmen neun Ponchos ein, die sie in Kooperation mit dem Berliner Modelabel Wedel & Tiedeken gefertigt hat. In Zeiten der Krise, so lässt es ter Heijne verlauten, erinnert nicht zuletzt das hochwertige Material, Baby-Alpaka, an eine wärmende und schützende Hülle. Und tatsächlich mutet nicht nur das Material der Ponchos, sondern auch der Kontext des ausgestellten Fertighauses, des Videos und des Comics „The Empire of Women – Not a fairy tale“, nicht nur für manche Frau paradiesisch an: denn alles weist auf eine noch bestehende matriarchale Gesellschaftsordnung hin, die sich durch Gleichheit der Geschlechter sowie der Abwesenheit von Ehe oder Privatbesitz auszeichnet. Gefunden hat ter Heijne dies beim Stamm der Mosuo in Südchina. Doch damit ist die nächste Krise vorprogrammiert. Was kann und will ich mir eher leisten: einen Poncho oder eine Reise in die Provinz Yunnan?

Anja Schwörer: It Took The Night To Believe; bis 18. April, Di–Sa 11–18 Uhr, Andersen‘s Contemporary, Invalidenstr. 50 Mathilde ter Heijne: Red, Black, Silver and White; bis 16. April, Di–Sa 11–18 Uhr, Arndt & Partner, Invalidenstr. 50

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