live erlebt: Corduroy United
Vielleicht wird hier gerade Popgeschichte geschrieben. Eine junge Band drängt sich auf der Bühne der Lila Eule. Alle adrett mit Schlips und Kragen, die Haare sauber gescheitelt. Ihre eingängigen, von den 60ern inspirierten Songs könnten als Gitarrenpop durchgehen. Doch dafür sind sie zu ungehobelt und wild.
Es ist der erste Deutschland-Auftritt der acht schwedischen Indie-Rocker Corduroy United. Fast auf den Tag vor genau 44 Jahren hatten die Beatles mit ihrem ersten Deutschland-Konzert in Hamburg den Grundstein für ihre Karriere gelegt. Und das mit einem ähnlich hemdsärmeligen Garagen-Sound wie Corduroy United.
Im Songwriting und Arrangieren haben die Nachwuchs-Rocker bereits Profi-Niveau erreicht. Doch auf der Bühne zählt nicht das Songmaterial allein, sondern auch, wie man es präsentiert.
Der 19-jährige Sänger Gustav Ägren knetet seine Hände. Schweiß rinnt ihm über sein gerötetes Knabengesicht. Er hat sich mal wieder bei einer Ansage verhaspelt und lächelt verkrampft. Es gehört nicht zu seinen Stärken, ohne die lautstarke Unterstützung seiner Band die Stimme zu erheben.
Doch kaum setzen seine Kollegen zum nächsten Song an, ist Ägren wieder in seinem Element, singt kräftig und klar, keine Spur von Unsicherheit. Er scheint in der Musik zu versinken und trippelt hektisch auf der Stelle.
Schon nach einer guten Dreiviertelstunde verlassen Corduroy United die Bühne. Das 30-köpfige Publikum hingegen bleibt mit verschränkten Armen stehen – wie während des gesamten Konzertes. Die Schweden sind ja noch jung. Das waren die Beatles auch mal.
till stoppenhagen
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