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Weitere Anklage im Fall Zechbau

Dem Leiter des Sportamtes und Chef der Weser-Stadion-GmbH, Reinhard Hoffmann, wird „Bestechlichkeit im besonders schweren Fall“ vorgeworfen – bis zu zehn Jahren Haft drohen dem 64-Jährigen. Weitere Anklagen sollen folgen

„Das Lügengebäude der großen Koalition fällt nach und nach in sich zusammen.“

Bremen taz ■ „Den Verdacht der Korruption hat es nicht gegeben, und er ist auch nicht gerechtfertigt.“ Mit diesen Worten bewertete die Juristin und CDU-Politikerin Catrin Hannken vor einem Jahr die Ergebnisse des zehnmonatigen Untersuchungsausschusses, der „Unregelmäßigkeiten“ bei der Bauvergabe zu Gunsten der Firma Zechbau aufklären sollte. „Die Vermutungen aus dem Einsetzungsbeschluss haben sich nicht bestätigt“, bestätigte der Ausschussvorsitzende Herman Kleen (SPD). Einzig die Grünen, die den Ausschuss beantragt hatten, sahen das anders.

Seit dem 3. September stehen die Grünen nicht mehr alleine da: Die Staatsanwaltschaft hat, wie sie gestern mitteilte, Anklage gegen den Leiter des Sportamtes und Geschäftsführer der Weser-Stadion-GmbH, Reinhard Hoffmann, erhoben – wegen „Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall“. Es droht Gefängnis bis zu zehn Jahren.

Die Vorwürfe gegen Hoffmann waren längst bekannt, als der Untersuchungsausschuss den Fall behandelte: Der Sportamtsleiter, der nicht erst seit dem Bau der Ostkurve 1995 immer wieder mit der Firma Zechbau zu tun hatte, gab dieser 1998 den Anbau eines Balkons an der Immobilie seiner Frau in Auftrag. Die Zech GmbH, vertreten durch ihren damaligen Geschäftsführer Andreas Hundsdörfer, nahm den Auftrag an und bestellte die Handwerker. Aus den dann gestellten Rechnungen konnte später die Kripo wie in anderen Fällen auch den Vorteil errechnen, den der kleine Umweg des Auftrages gebracht hat: Die Handwerker stellten der Firma Zech genau 18.947 Mark mehr in Rechnung, als diese dann von Hoffmann einforderte. In der Buchhaltung von Zech wurden solche Beträge in der Regel einem Bauprojekt am Weser-Stadion zugeordnet.

Auch die Vorteile, die die Firma Zech hatte, sind bekannt: Beim Bau der Ostkurve etwa wurde ihre Kostenprognose einfach als Kostenkalkulation des Auftraggebers übernommen – eine „unzureichende Berechnungsgrundlage“, findet die Staatsanwaltschaft. Beim Mantelbau und der Tieferlegung des Stadions seien Bau- oder Planungsleistungen ohne Ausschreibung vergeben worden. Vorgeworfen wird Hoffmann auch, dass er zugelassen hat, dass eine Zechbau-Tochterfirma in Rostock unentgeltlich die dortige Immobilie seiner Frau verwaltet hat. Die Vorteils-Summe ist zwar mit 2.100 Mark gering, es dürfte aber ins Gewicht fallen, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelte.

Ohne weitere Umstände zählt die Staatsanwaltschaft auch die Projektentwicklung für die Tieferlegung des Weser-Stadions mit zu den Vorwürfen – obwohl es hier nicht um die Firma Zechbau geht. Begünstigter der Auftragsvergabe war „Procon“, die neue Firma von Hundsdörfer. Mehrfach ist in der Anklageschrift von „anderweitig Verfolgten“ die Rede – offenbar plant die Staatsanwaltschaft eine ganze Serie von Prozessen.

Während der damalige Geschäftsführer der staatlichen Baugesellschaft, Gottfried Zantke, sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe suspendiert wurde, reichte dem Wirtschaftsenator im Falle Reinhard Hoffmann nicht einmal die Erhebung der Anklage, um den Geschäftsführer der halbstaatlichen Weser-Stadion-GmbH von seinem Posten zu entbinden. Auch als Leiter des Sportamtes ist Hoffmann noch im Dienst. Sportsenator Thomas Röwekamp (CDU) hat die Suspendierung angedroht.

Mathias Güldner, Vertreter der Grünen im Untersuchungsausschuss, fühlt sich durch die Anklage gegen Hoffmann bestätigt: „Das Lügengebäude der großen Koalition im Untersuchungsausschuss fällt nach und nach in sich zusammen.“ Die Vertreter der Koalition hätten das Problem „verniedlicht“ und „abgewiegelt“. kawe

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