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Über Versammlungsrecht entscheidet der Chef

Der Betriebsrat des Leverkusener Verkehrsunternehmens „Wupsi“ fürchtet eine Privatisierung des Unternehmens und will die Belegschaft über mögliche Folgen informieren. Das gefällt der Geschäftsleitung nicht. Sie zieht vor Gericht

KÖLN taz ■ Darf der Betriebsrat der Leverkusener „Kraftverkehr Wupper-Sieg“ (Wupsi) morgen eine ganztägige Betriebsversammlung abhalten und über die Folgen einer möglichen Privatisierung des Unternehmens informieren? Darüber muss heute das Arbeitsgericht Leverkusen entscheiden. Wupsi-Vorstand Gerd Wasser hält Zeitansetzung und Themenwahl für rechtswidrig und hat eine einstweilige Verfügung gegen die Veranstaltung beantragt. Wupsi, zu gleichen Teilen im Besitz der Stadt Leverkusen und des Rheinisch-Bergischen Kreises, besorgt den öffentlichen Personennahverkehr in der Region.

Schon seit langem stehe fest, so Ver.di-Sekretär Horst Lohmann, dass Wupsi einen „strategisch wichtigen Partner“ suche. Die Politiker redeten gar von Privatisierung, würden dies vor der Kommunalwahl aber verschweigen. Um den Kollegen zu erklären, welche Folgen ein Verkauf hätte, habe nun der Betriebsrat die Betriebsversammlung einberufen. Betriebsräte von Verkehrsbetrieben, die schon privatisiert wurden, seien eingeladen worden, ebenso Ver.di-Bundesvorsitzender Frank Bsirske. Außerdem sollte diskutiert werden, wie bei Verkauf die Interessen der Beschäftigten gewahrt werden können.

Das alles sollte auf einer „gleitenden“ Betriebsversammlung geschehen, die von morgens vier Uhr bis in die Nacht gedauert hätte. „So hätte jeder die Gelegenheit gehabt, vor oder nach der Schicht vorbeizukommen,“ sagt Lohmann. „Der laufende Betrieb und damit der öffentliche Nahverkehr wären davon nicht betroffen gewesen.“

Für Wasser ist hingegen ein möglicher Verkauf kein Thema, das Wupsi betreffe. Dafür gebe es außerordentliche Betriebsversammlungen außerhalb der Arbeitszeit, erklärt er der taz. Zudem sieht er in der Betriebsversammlung eine versteckte Unterstützung der streikenden Busfahrer beim Tochterunternehmen HBB (taz berichtete): „Die eingeladenen Gäste lassen das vermuten.“ Jürgen Schön

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