fußpflege unter der grasnarbe: Auf nach Plön, Frau Schwarzer!
Frauen sind nur die Hälfte wert – diese Klage haben wir in den letzten Jahrzehnten schon oft vernommen, aber, halten Sie sich fest, manchmal ist es noch schlimmer. Weibliche Fußballfans zum Beispiel sind nur halb so viel wert wie die Hälfte – so zumindest scheint man es beim schleswig-holsteinischen Verbandsligaaufsteiger TSV Plön zu sehen, wie ein Blick in die aktuelle Stadionzeitung offenbart.
Dort ist unter der Überschrift „Dauerkartenverkauf“ eine in teilweise experimentellem Deutsch verfasste Mitteilung zu lesen: „Sensationell billig sind die Dauerkarten für die Verbandsliga. Bei 17 Heimspielen zahlen Sie nur 40 Euro und schauen somit 7 Spiele umsonst gegenüber zum Einzelpreis. Rentner, Arbeitslose und Jugendliche zahlen sogar nur 20 Euro. Und für 10 Euro bekommen Frauen die Saisonkarte für unsere attraktiven Jungs. Einfach einen der Kassierer oder Jörn Hinrichsen ansprechen.“ Also gut, Jörn Hinrichsen, dann hören Sie mir mal zu! Welches Weltbild steckt denn hinter diesem Entgeltsystem: Arm dran sind, zumal wegen Hartz IV und so, die Rentner und die Arbeitslosen, aber am ärmsten dran sind halt immer und immerdar die Frauen, weil die von ihren Männern so wenig Taschengeld bekommen, dass sie sich den Stadionbesuch nicht leisten können? Abgesehen davon verwirrt die auf derselben Seite platzierte Nachricht, man könne zu Auswärtsspielen des TSV für fünf Euro im Mannschaftsbus mitfahren. Ob weibliche Fans mit 1,25 Euro dabei sind, bleibt leider offen.
Und von wegen „attraktive Jungs“. Wohl nur noch hoch oben in der Holsteinischen Schweiz glaubt man, Frauen interessiere beim Fußball nur das eine. Ob es um die Knackarschigkeit der Plöner Spieler gut bestellt ist, steht sowieso dahin, aber rätselhaft bleibt allemal, warum der TSV bei seinen potenziellen weiblichen Fans nicht mit dem Ambiente seiner Spielstätte wirbt. Immerhin ist das Schiffsthalstadion vom malerischen Trammer See und dem niedlichen Trentsee umgeben – 1a-Postkartenmotive, die man in der Umgebung von Stadien selten findet. Das ist aber auch das Mindeste, denn immerhin muss, wer diese Kleinstadt-Arena besucht, die hässlichste Tribüne der westlichen Welt ertragen: eine 70er-Jahre-Bausünde mit dem Charme eines von Lotto King Karl eingeweihten Toilettenhäuschens.
Mögen die Plöner Stadionblattmacher in der Frauenfrage noch Nachhilfebedarf haben, investigativ sind sie auf Zack. Im Bericht über ein Auswärtsspiel in Husum heißt es: „Beim Aussteigen stellen wir entsetzt fest, dass eine Dauerkarte 80 Euro kostet. Bei uns zahlen Sie nur 40 Euro und der Fußball ist sicherlich nicht unattraktiver...“ Das Entsetzen ist ganz auf unserer Seite, und wir hätten da sogar eine Idee, mit welcher Nachricht man die Leser des TSV-Organs beim nächsten Mal noch mehr schockieren könnte: Beim FC St. Pauli zahlen weibliche Gegengeradebesucher, wie die männlichen, zehn Euro für eine Eintrittskarte – und ist das nicht skandalös, wenn man bedenkt, dass sie für dasselbe Geld in Plön gleich 17 Partien sehen können? St. Pauli spielt zwar derzeit zwei Klassen höher, aber kickt Plön wirklich unattraktiver? Na, gekauft, der Vorschlag?
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