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Verbale Sicherheit

„Liberal, sicher und gerecht“: SPD stellt eigenen Entwurf für neues Hamburger Polizeigesetz vor. Der ist rabiat genug, aber deutlich sanfter als die Senats-Vorstellungen

Bei Andreas Dressel ist die Innere Sicherheit in Hamburg kein verbales Problem. Ein „tragfähiger und maßvoller Entwurf“ sei sein Vorschlag für ein neues Hamburger Polizeigesetz, „Maß und Mitte“ bewahre dieser und zudem Hamburgs Ruf als „weltoffene und liberale Stadt“, versichert Dressel, nur das wirklich „Notwendige“ werde geregelt, „brachiale Rhetorik und Show-Elemente“ seien nirgends zu finden: Sein erster großer Auftritt als neuer Innenpolitiker der SPD-Fraktion beflügelte ihn gestern zu sprudelnden Wortkaskaden, in denen Inhalte gemeinhin versenkt werden.

Eben das aber tat der 29-jährige Doktor der Jurisprudenz nicht. Detailliert stellte er seinen von der SPD-Fraktion gebilligten Entwurf der geltenden Gesetzeslage und den Verschärfungen gegenüber, von denen Senat und CDU schwadronieren. „Wir wollen keine Härte um jeden Preis“, verkündet Dressel, „wir stärken die Sicherheit im Rechtsstaat.“ Und das sieht nach sozialdemokratischer Lesart so aus.Verdachtsunabhängige Kontrollen: Nur in „Grenzzonen“ wie Flughafen, Bahnhof und Hafen, aber „kein Generalverdacht für ganz Hamburg“.Aufenthaltsverbote: Nach Vorgaben des Verwaltungsgerichts für höchstens drei Monate und für eng definierte Orte – und nicht für die gesamte Stadt.Gewahrsamnahme: Erweiterung von zwei auf höchstens vier Tage, der CDU-Vorschlag von 14 Tagen wird abgelehnt.Videoüberwachung: Nur an ausgewählten Kriminalitätsschwerpunkten, keine flächendeckende Überwachung in der Stadt.Telefonüberwachung: Keine Verschärfung, die bundesgesetzlichen Regelungen bei Verdacht auf Straftaten seien ausreichend.Finaler Rettungsschuss: Nur als allerletztes Mittel gegenüber angreifenden Gewalttätern zu akzeptieren, darf nicht von Vorgesetzten angeordnet werden.

Vor allem über den letzten Punkt habe es „Debatten“ in Fraktion und Partei gegeben, räumt Dressel ein. Schließlich habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Gesetzgeber der Polizei „klare rechtliche Rahmenbedingungen“ zu setzen habe. „Konkret, effektiv und praktikabel“ müsse ein Polizeigesetz sein, sagt er, zugleich sei der „Ausgleich“ zu wahren zwischen „rechtsstaatlichen Ansprüchen“ und den Forderungen der BürgerInnen nach Sicherheit.

Mit diesem – in der Konsequenz recht rabiaten – Entwurf treibt die SPD den Senat bewusst in die Enge. Wenn der es noch härter haben wollte, käme er in Argumentationsnotstand. Mit Sicherheit. Sven-Michael Veit

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