: König der Unterwasserwelt
„Titanic“-Regisseur James Cameron versucht sich mit seiner Doku „Die Bismarck“ (21.15 Uhr, RTL) als Geschichtslehrer. Doch dabei wird allzu deutlich, dass er eigentlich nur Physikstudiumabbrecher ist
von CHRISTIAN BUSS
Ein bisschen Bildung schadet nicht, aber fetzig muss es sein: Die erste halbe Stunde seiner Dokumentation über die Reise zum Wrack der „Bismarck“ inszeniert James Cameron als wüstes Edutainment-Spektakel. Da versucht der Regisseur, der nach seinem Tränen-und-Stahl-Melodram „Titanic“ mal als mächtigster Mann Hollywoods galt, den schlichteren Gemütern geschichtliches Grundwissen einzubläuen, indem er Hitler als größenwahnsinnigen Rockstar in Szene setzt und Aufnahmen des posenden Führers mit harten Gitarrenriffs unterlegt.
Schließlich sieht man den Macher selbst, wie er mit seiner Mannschaft und Unmengen von technischem Gerät in Kiel ein Forschungsschiff besteigt – übrigens das größte seiner Art, wie der Off-Kommentar erläutert. Denn Cameron wäre nicht Cameron, würde er auf Superlative verzichten.
Auch mit melodramatischer Überhöhung spart er nicht: Um zur Stelle zu gelangen, wo die „Bismarck“ 1941 untergangen ist, wählt er exakt die Route, die das Schlachtschiff auf seiner fatalen ersten und letzten Feindfahrt genommen hat. So kann der Regisseur bedeutungsvoll historische Bilder der „Bismarck“, die er im Jargon des Science-Fiction-Milizen respektvoll „Todesstern“ nennt, mit Impressionen des eigenen Trips montieren.
Doch das ist an Verdichtung noch nicht genug: Auf der Expedition lässt er zwei mitreisende Historiker die Seeschlacht, in der die „Bismarck“ von der britischen Marine aufgerieben wurde, in einer Runde „Schiffeversenken“ nachspielen. Womit der vom Discovery Channel produzierte Film bei seiner zentralen Frage angekommen ist: Wurde die schwimmende Festung aus Kruppstahl von den Engländern zerstört – oder gab Flottenchef Günther Lütjens selbst den Befehl zur Sprengung?
Darüber streiten die Forscher zumindest im angelsächsischen Raum, wo sehr viel ungehemmter über militärische Leistungen während des Zweiten Weltkriegs debattiert wird als hierzulande. Die Vertreter der Royal Navy pochen weiterhin darauf, dass der vernichtende Schlag auf ihr Konto geht. Doch diese Behauptung scheint schon seit der Tiefwasserexpedition des Ozeanologen Robert D. Ballard von 1989 nicht mehr haltbar. Ballard stützte seine These der Selbstversenkung auf die Tatsache, dass am Wrack keine Schäden von Implosionen zu finden sind.
Heureka! Ein Stiefel!
Cameron versucht nun endgültig das Geheimnis auf dem Meeresboden zu lüften, und hier darf er endlich beweisen, was er drauf hat. Für die Unterwasseraufnahmen in 4.790 Metern Tiefe entwickelte der Phsysikstudiumabbrecher mit seinem Bruder Mike ferngesteuerte Kameras, die erstmals gestochen scharfe Bilder der versunkenen „Bismarck“ liefern. Der Regisseur selbst taucht mit einem Spezial-U-Boot um das Tiefseegrab herum und freut sich riesig über jeden Soldatenstiefel und jedes Stahlstück, das er sichtet.
Das eingesetzte Hightech-Gerät erinnert an den submarinen Maschinenpark, den Cameron in seinem Unterwasserschocker „The Abyss“ Ender der Achtziger vorführte. Und so beschleicht den Zuschauer irgendwann das Gefühl, dass es Cameron gar nicht so sehr um die Klärung des Falls geht.
Cameron, der Science-Fiction-Fan und Weltenerschaffer, scheint vielmehr daran interessiert, Equipment zu testen, mit dem er in Regionen vorstoßen kann, die mindestens ebenso unerschlossen sind wie das All. Aber schon sein Erstling „Fliegende Killer – Piranha II“ beeindruckte ja eher durch Unterwasseraufnahmen denn durch eine schlüssige Story.
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