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montagsdemoDas Mikro ist für alle da!

Die Idee der Organisatoren der Kölner Montagsdemo ist eigentlich richtig: Es kann durchaus erhellend sein, sich die Argumente der Hartz-Befürworter anzuhören. Und sei es nur, um sich an ihren verzweifelten Rechtfertigungsarien zu ergötzen. Nur hat man für diese Art des konfrontativen Dialogs bisher keine geeignete Form gefunden. Und offenbar haben immer mehr Demonstranten das Gefühl, selbst zu wenig zu Wort zu kommen. So brüllen sie dann in ihrem Unmut über Hartz die anderen nieder.

Kommentar von Susanne Gannott

Letzteres liegt auch daran, dass sich die Auftaktkundgebung mit Musik und offiziellen Redebeiträgen immer mehr in die Länge zieht. Damit verzögert sich der Protestzug durch die Innenstadt, der, nebenbei gesagt, auch mal durch belebtere Straßen führen könnte. Dadurch wiederum fehlt beim Abschluss der Demo die Zeit für das offene Mikro, an dem „traditionell“ die Betroffenen ihre Meinung sagen.

Was die Form der Debatte angeht, so hat sich gezeigt, dass die bei den ersten Demos verteilten „roten Karten“ zumindest begrenzt funktioniert haben, wenn man dem Redner etwas Zeit lässt und dann „abstimmt“, ob er weiterreden darf. Dafür scheint zwar inzwischen die Geduld zu fehlen. Aber das könnte sich ändern, wenn die Demonstranten von Beginn in die Debatte einbezogen würden. Man könnte zum Beispiel eine Art Wettstreit inszenieren, in dem Befürworter und Gegner von Hartz abwechselnd eine genau bemessene Redezeit bekommen. Anschließend geben die Teilnehmer ihr Votum ab.

Womöglich sollten die Veranstalter aber auch über ihr Dogma nachdenken, keinen ans „offene“ Mikro zu lassen, der einer Partei angehört. Wenn die Leute vernünftige Beiträge machen, sollte man sie anhören. Und wenn sie Müll reden, stimmt die Menge sie am Ende eben nieder.

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