DER STREIT MIT DER IAEA KANN DEM IRANISCHEN REGIME NUR NUTZEN: Atomarer Basar
Die trickreichen Mullahs werden es wieder einmal schaffen: Die IAEA wird den UN-Sicherheitsrat wohl nicht auffordern, sich mit dem iranischen Atomprogramm zu befassen und Sanktionen zu beschließen. Seit zwei Jahren wird darüber wie auf dem Basar verhandelt. Im Ausland treten die iranischen Vertreter dabei wie Unschuldslämmer auf. Im Inland aber rasseln sie mit den Säbeln.
Vielleicht baut Iran tatsächlich an der Atombombe und will mit diesem Katz-und-Maus-Spiel Zeit gewinnen. Aus der Sicht der Herrschenden betrachtet, wäre der Besitz von Nuklearwaffen von großem Vorteil. Iran ist rund um seine Grenzen von amerikanischen Stützpunkten umzingelt. Die Türkei ist ein Nato-Land, in den ehemaligen Sowjetrepubliken sind die USA militärisch präsent, ebenso in Afghanistan, Pakistan und Irak. Die Regierung in Washington hat mehrmals die Absicht bekundet, in Iran einen Regimewechsel herbeizuführen. Gäbe es nicht das Desaster im Irak, wären die USA wohl längst auch in Iran einmarschiert. Besäße Iran Atomwaffen, so das Kalkül in Teheran, würden die USA einen solchen Schritt nie wagen. Hinzu kommt, dass es für die Theokraten in Iran nicht nachvollziehbar ist, warum Pakistan, Indien und vor allem Israel Atombomben besitzen dürfen, Iran aber nicht.
Es ist aber auch möglich, dass die Beteuerungen Irans, die Nuklearanlagen ausschließlich zu friedlicher Energienutzung verwenden zu wollen, tatsächlich zutreffen und dass die Verzögerungstaktik dazu dienen soll, dem Westen mehr Konzessionen abzuringen. So hat das 1979 von den USA verhängte Embargo zwar Iran nicht in die Knie zwingen können, es hat dem Land aber erheblichen wirtschaftlichen Schaden zugefügt. Und auch in Afghanistan und Irak möchte Teheran seine Interessen gewahrt wissen.
Sollte Teheran diese außenpolitischen Ziele mit seiner Haltung im Atomstreit erreichen, hätte das so gefestigte Regime auch in der Innenpolitik freie Hand. Für die überwiegende Mehrheit des Volkes, die längst dem Regime eine Absage erteilt hat, hätte das verheerende Folgen. BAHMAN NIRUMAND
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