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Kirchen sind das Maß der Höhe

Der Kölner Bund Deutscher Architekten (BDA) kritisiert, dass bei der Stadtplanung einzelne Ämter nie das Ganze in Blick haben. Wichtigstes Zukunftsprojekt: die Entwicklung eines Höhenplans für die City

VON Jürgen Schön

Eine Stadtplanung, die Köln als Ganzes sieht, deren Ergebnisse nicht kurzfristig, sondern auch die nächsten Jahrzehnte tragen und die sorgsam mit dem Stadtpanorama umgeht. Das war das große Ziel, das der Kölner Bund Deutscher Architekten (BDA) vor zwei Jahren mit einem „5-Punkte-Papier“ erreichen wollte. Aus Anlass der anstehenden Kommunalwahl zog BDA-Vorsitzender Christian Schaller nun eine erste Bilanz. „Es ist wenig passiert, was uns glücklich macht“, war am Donnerstag sein überwiegend negatives Fazit.

Zu dem wenigen Positiven gehört die Bündelung der Kompetenzen beim neuen Stadtentwicklungsdezernenten Bernd Streitberger. „Hoffentlich bekommt er von den Politikern die Unterstützung, die er braucht“, meinte Schaller. Doch noch immer seien zu viele Ämter an den Planungsprozessen beteiligt. „Geht es etwa um die Gestaltung eines Platzes, konkurrieren Grünflächenamt, Straßenbauamt, Abfallwirtschaft und Bezirksvertretung mit einander. Jeder sieht nur seinen Bereich und nicht das Ganze“, beschrieb Architekt Johannes Schilling, der Vorsitzende des Gestaltungsbeirats, der Politik und Verwaltung berät, die Lage. Für die Umsetzung der Großprojekte „via sacra“ und „via culturalis“ fürchtet Schaller Ähnliches: „Das Ergebnis wäre ein Flickenteppich.“

Ein weiteres rares Positivum, so Schaller, sei der Workshop zur Entwicklung des Rechtsrheinischen zwischen Mülheimer Brücke und Deutzer Hafen. „Das wichtigste Ergebnis war, dass hier Arbeit und Wohnen auf neuartige Art vermischt werden sollen“, fasste er zusammen. „Hoffentlich wird das weiter verfolgt.“ Allzu oft werde in Köln vor allem auf die Interessen Privater Rücksicht genommen. Ein Beispiel sei die Norderweiterung der Messe. „Hier wurde die Chance vertan, der Bevölkerung vom Osten her einen Zugang zum Rhein zu schaffen.“

Wichtigstes Zukunftsprojekt sei die Entwicklung eines Höhenplans, der im linksrheinischen Kerngebiet der Stadt die Traufhöhe der Häuser regelt. „Besonders zwischen 1960 und 1980 konnten hier Häuser gebaut werden, die mit ihrer Höhe das Stadtbild stören“, so Schaller. Als „Maßstab“ sollten künftig die Schiffe der romanischen Kirchen gelten, die die Häuser ihrer Umgebung deutlich überragen und so weithin sichtbare „Leuchttürme“ im Stadtbild sein können. Die Richthöhe der umgebenden Häuser – 20 Meter dürften die Obergrenze sein – könne dabei der unterschiedlichen Höhe der Kirchen angepasst werden. „Stadtbaumeister Rudolf Schwarz hat so nach 1945 auf St. Aposteln Rücksicht genommen“, verwies Schaller auf Zeiten, als Stadtplanung in Köln noch funktionierte. Eng zusammen hängen mit dem Höhenplan das Hochhauskonzept und die Umgestaltung der Ringe. „Ich fürchte aber“, so Schaller, „dass alles wieder unabhängig voneinander diskutiert wird.“ Dabei sei das Stadtpanorama ein Pfund im Konkurrenzkampf der Städte.

Und noch etwas kritisierte BDA-Vorsitzender Schaller als typisch für Köln: bei Wettbewerben zu sehr auf fertige Ergebnisse zu achten als auf die Möglichkeit, etwas zu entwickeln. So geschehen jüngst beim Wettbewerb für das Clouth-Gelände in Nippes. Hier habe ein Entwurf gewonnen, der keinerlei Rücksicht nehme auf das, was sich dort in den letzten Jahren entwickelt hat, und der nicht berücksichtige, was aus der ehemaligen Gummifabrik werden könnte.

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