Filmbuch: Bilder vergangener Größe
Nach der gescheiterten Bewerbung um den Titel „Kulturhauptstadt Europas“ sucht die Kölner Seele Trost. Den kann sie in dem gerade erschienenen Buch „Köln im Film – Filmgeschichte(n) einer Stadt“ finden. Denn dort erfahren Kölner zum Beispiel, dass einst, Ende des 19. Jahrhunderts, der Film von Köln aus Deutschland eroberte und Köln bis zum Ersten Weltkrieg Zentrum der deutschen Film- und Kinowelt war. Opulent bebildert, mit fachkundigen Texten und vielen Details wird von vergangener Größe, den vergeblichen Versuchen, daran anzuknüpfen und der heute von Politikern immer noch verkannten aktuellen Filmszene erzählt. Zentrales Thema: Wie wird Köln im Film dargestellt? Spielte es eine Hauptrolle, war es bloß Kulisse, welche Stars trauten sich an den Rhein?
Auf 6.000 „relevante“ Filme stießen die Autorinnen Christa Aretz und Irene Schoor bei ihren Recherchen. Nicht gerechnet die Kurznachrichten aus der Domstadt, die seit der Einführung des Privat- und Lokalfernsehens explosionsartig zugenommen haben. Allein 180.000 Mal gibt es das Stichwort „Köln“ beim WDR. Viele Filme vor allem aus den Jahren vor 1945 existieren nur noch „schriftlich“: als Besprechungen in Filmmagazinen oder auf „Zensurkarten“, auf denen Dreharbeiten im Kaiserreich angemeldet werden mussten. Andere warten auf eine Restaurierung.
Immerhin 160 abspielfähige Filme liegen vor: Dokumentar- und Werbefilme ebenso wie Spielfilme oder TV-Serien. Darunter kleine Leckerbissen wie „Am Kölner Dom nach dem Gottesdienst“ aus dem Jahr 1896 oder Stummfilme aus dem Hause Millowitsch. Eine Auswahl zeigt vier Tage lang das Minifestival „Köln im Film“, das heute, 20 Uhr, im Off-Broadway beginnt.
Für Aretz und Schoor ist die Arbeit damit allerdings noch nicht beendet. Sie träumen von einem Köln-Film-Archiv. Und sie haben einen Drehbuchpreis ausgeschrieben, der erstmals 2005 verliehen werden soll. Er ist mit 15.000 Euro dotiert, spendiert von der Imhoff-Stiftung, die auch die Forschungsarbeit unterstützte. Das Drehbuch soll das Kölner Lebensgefühl widerspiegeln. Da freut sich die kölsche Seele. Jürgen SCHÖN
„Köln im Film – Filmgeschichte(n) einer Stadt“: 23.-26. September, Off-Broadway, Zülpicher Str. 24, Tel: 0221/23 24 18, www.filminitiativ.de; Christa Aretz und Irene Schoor: „Köln im Film – Filmgeschichte(n) einer Stadt“, Emons Verlag, Köln 2004, ISBN 3-89705-344-6; 24,50 Euro
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen