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Sterben auf dem Kurfürstendamm

Mit einem „Die-in“ demonstrieren Tierschützer auf der Konsummeile für ein Leben ohne Fleisch. Die als Kühe verkleideten Aktivisten können zwar nur wenige Passanten überzeugen, aber immerhin werden sie oft fotografiert

Das ist mal ein ordentlicher Start in den Frühling. Auf dem Kurfürstendamm scheint nicht nur die Sonne, Berlins berühmteste Shoppingmeile hat am ersten Frühlingssamstag auch eine echte Touristenattraktion: tote Kühe auf der Straße. Natürlich keine echten, doch auch die 30 Menschen im Kuhkostüm ziehen neugierige Blicke auf sich.

In den weißen Anzügen, die mit schwarzen Flecken bemalt sind, stecken Tierschützer. Mit ihrer Aktion, einem so genannten Die-in, möchten sie Menschen dazu bewegen, kein Fleisch mehr zu essen. „MeatOut“ heißt die internationale Kampagne, die zum Aktionswochenende aufgerufen hat. In rund einem Dutzend deutscher Städte gibt es Aktionen.

Genau um Viertel nach zwei fallen die Kühe zu Boden. Die Passanten sind irritiert. Die meisten verstehen nicht, worum es geht. „Möchte ich auch gar nicht wissen“, sagt eine Frau und geht weiter. Mit der Zeit aber schauen sich immer mehr Leute das Spektakel an. Die Tierschützer sind von Schaulustigen umzingelt.

Fotografiert werden sie nicht nur von den anwesenden Pressefotografen, auch so mancher Tourist holt seine Kamera aus der Tasche. Und wer keine dabeihat, nutzt sein Handy mit Aufnahmefunktion. Ein Kroate, der in Deutschland lebt, erzählt, er filme die Szene, um seinen Landsleuten zu zeigen, „was für Idioten“ es in Deutschland gebe. Die meisten Passanten aber sind durchaus offen für die Botschaft der Tierschützer. „Das ist schon schlimm“, wie mit den Tieren umgegangen werde, erzählt eine Frau. Fleisch essen möchte sie aber weiterhin. Ein älterer Mann sagt: „Die werden mich nicht mehr zum Vegetarier erziehen.“

Dass nach dem 15-minütigen Schauspiel nicht jeder aufhört, Fleisch zu essen, ist auch den Tierschützern klar. Aber man könne einen „Samen pflanzen, und irgendwann wächst er“, sagt Mahi Klosterhalfen vom Vegetarierbund. Es gebe sehr unterschiedliche Angaben über die Zahl der Menschen in Deutschland, die auf Fleisch verzichten – 1 bis 10 Prozent der deutschen Bevölkerung ernähre sich vegetarisch. Fest stehe aber, dass dieser Anteil jedes Jahr steige – und das mache Mut. „Die Botschaft verbreitet sich.“

Die Botschaft, die sei ein „Dreigestirn“, sagt Klosterhalfen: Fleischessen sei schlecht für Umwelt, Tiere und Menschen. Der Klimawandel werde durch den hohen Fleischkonsum beschleunigt, Tiere litten unter der Fleischproduktion und Ressourcenverschwendung sei es obendrein.

Noch radikaler sind die Veganer, die auf jegliche Tierprodukte verzichten. Auch sie haben zum Aktionstag aufgerufen. Laut Stephanie Goldbach von der Gruppe Berlin Vegan ist der Protest gegen Fleisch „schwieriger, als gegen Pelze zu demonstrieren“, weil man „viel mehr Gegenwind“ aus der Bevölkerung bekomme. In Berlin lebten etwa 20.000 Veganer, sagt Goldbach. Dass nur etwa 50 Leute zu der Aktion auf dem Kurfürstendamm gekommen sind, erklärt sie sich damit, dass viele vor allem aus gesundheitlichen Gründen vegan lebten. „Es gibt nur wenige, die das offensiv auf die Straße tragen“, berichtet sie. Die meisten würden in ihrem Bekanntenkreis für eine vegane Lebensweise werben. FELIX WERDERMANN

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