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Romane und Absatzschuhe

Heute feiert das Magazin „Style & The Family Tunes“ seinen 10. Geburtstag. Was als Komm-wir-spielen-Redaktion in einer Neuköllner Wohnung begann, geht heute als Zeitschrift weiter, in der es ernsthaft um Vermischung geht

1967 schloss sich der Sänger und Radio-DJ Sylvester Stewart mit einigen Musikern zum Septett „Sly and the Family Stone“ zusammen. Gemeinsam erweiterten sie den Sechzigerjahre-Soul um die Komponenten Psychedelic Rock und Funk. Der innovative Crossover wurde zur stilprägenden Inspirationsquelle für die Black Music bis heute.

1994 gründeten drei Freunde eine Zeitschrift, die sich gegen die Vorherrschaft von Techno wendete und Raum für die eigenen Interessen bot. Hip Hop und Acid Jazz, Trip Hop und Jungle, Streetwear und Style. Zehn Jahre später sind 74 Hefte erschienen. Das übergroße Format und der Name sind geblieben: Style & The Family Tunes. Aus dem anfangs schwarzweiß gedruckten Clubfanzine ist mit den Jahren ein farbiges Hochglanzmagazin geworden. Die drei Macher von damals sind auch die Macher von heute. Cathy Boom als Herausgeberin und Chefredakteurin, Christian Tjaben aka Dr. B. Lunt als Kulturredakteur und J-Bo Monkey als Herr über Layout und Art Direction. Obwohl kein großer Verlag hinter der Zeitschrift steht und die Auflage mit 30.000 Heften eher klein ist, beschäftigt Style & The Family Tunes zwölf feste Mitarbeiter und einen Stamm freier Autoren und Fotografen.

Was als Komm-wir-spielen-Redaktion in einer Neuköllner Wohnung begann, residiert heute in einem schicken Hochparterre in der Schlesischen Straße. Die Soulband aus San Francisco stand nicht nur Pate für den etwas sperrigen Titel-Daktylus des Magazins. Auch inhaltlich wird die Vermischung sich gegenseitig beeinflussender Aspekte aus Mode, Musik und Kultur thematisiert. Aufwändig produzierte Fotostrecken lösen Interviews mit Musikern oder Künstlern ab. Buchrezensionen finden ihren Platz neben Essays über Architektur. Aktuelle Tonkunst ist immer noch wesentlicher Bestandteil des Heftkonzepts. „Tunes inna family style“ heißt die Kritik-Rubrik, über die Musikredakteur Ole Wagner wacht.

Was die Artikel, Texte und Fotos zu einem eigenständigen Magazin verbindet, sind die Glaubwürdigkeit und die Ehrlichkeit, mit der es produziert wird. Romane oder CDs werden hier mit der gleichen Ernsthaftigkeit besprochen wie eine Wimperntusche oder ein Absatzschuh. Den Modestrecken merkt man an, dass Fotograf, Model und Klamotte gleichberechtigt agieren – im Auftrag des Style, dieser aus leider gutem Grund nicht wirklich ins Deutsche übersetzbaren Vokabel, deren Förderung und Wertschätzung sich die BlattmacherInnen von Style & The Family Tunes aus Kreuzberg verschrieben haben.

An diesem Freitag feiert man ebendiesen Style und sich selbst im redaktionseigenen Showroom. Die nächsten zehn Jahre sind geplant, als Nächstes stehen die Veröffentlichung eines Buches über Mode an sowie der Start der Onlineabteilung stylemag.net, die ab November auf Sendung sein wird. Als Geschenk zum Zehnjährigen würde man der Jubilarin vielleicht etwas mehr Konkurrenz wünschen. Denn während es beispielsweise in England ein ganzes Marktsegment mit Magazinen wie i-D, Sleaze oder Dazed & Confused gibt, sieht es hierzulande eher trüb aus. Qvest? Die Frage stellt sich nicht mehr. Zoo? Von Brian Adams möchte man ja nicht mal Platten zu Hause stehen haben. Deutsch? Da schreckt nicht nur der Titel ab. Und darüber hinaus?

Das Konvolut an Zeitschriften und all die metrosexuellen Magazine, die auch Style im Titel führen, fischen bloß den Mainstream ab. Den kulturellen Konsum ästhetisch und journalistisch anspruchsvoll zu begleiten statt nur kommerziell auszubeuten, wäre nicht nur gut für die Belebung des Geschäfts, sondern auch für den Pluralismus des Zeitschriftenmarktes für den Style. Aber den hat man eben, findet Cathy Boom, oder nicht.

MARCUS WOELLER

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