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Die Welt aus Gütersloh

Der Chef des Bertelsmann-Konzerns meint, dass Musiker viel zu viel Geld mit ihren Konzerten verdienen

Gunther jThielen ist Vorstandschef des Bertelsmannkonzerns. Vor ein paar Jahren war das mal der einzige Global Player aus Deutschland, der einigermaßen modern aussah, weil er sich erkennbar Mühe gab, die Welt der Informationstechnik zu verstehen. Die Kooperation mit AOL und der Versuch, mit der Tauschbörse Napster ins Geschäft zu kommen, waren Markenzeichen eines neuen Denkens. Seit Gunther Thielen den Vorstandssitz übernommen hat, ist der Konzern zurückgekehrt nach Gütersloh. Aus dieser tiefstmöglichen deutschen Provinz meldet sich Thielen gelegentlich zu Wort und gibt der Welt Bescheid, wie sie zu sein hat. Neulich haben ihn Reporter des Wall Street Journals nach seiner Meinung über das Musikgeschäft im Allgemeinen und die Tauschbörsen im Besonderen gefragt. „In ein bis zwei Jahren haben wir das Problem im Griff“, teilte ihnen Thielen mit, weil nämlich „gegenwärtig Technologien getestet werden“, die den „illegalen Austausch von Musikdateien“ verhindern.

Die Reporter des Wall Street Journal müssen nicht schlecht gestaunt haben. Ihre (wie immer hervorragende) Zeitung hatte gerade über eine weitere Konferenz von Spitzenmanagern der großen Musiklabels und Microsoft berichtet, die vergangene Woche kläglich gescheitert war. Die Musikbosse können sich immer noch nicht auf einen gemeinsamen Standard des Kopierschutzes einigen, und alle zusammen sind sie außerden sauer auf Microsoft, weil die Jungs aus Redmond das Geschäft mal wieder ganz allein machen wollen. Sie schlagen ein eigenes, gleich fest in das Betriebssystem eingebautes Verfahren vor, für das die Musikverlage dann natürlich brav Lizenzgebühren nach Redmond überweisen müssten. Das wollen sie aber nicht, deswegen dauert das Gerede über die besten Kopierschutztechnik nun schon 5 Jahre. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Nach Meinung aller seriösen Informatiker ist es ohnehin nichts weiter als Zeitverschwendung, weil nichts davon funktionieren wird. Aber in Gütersloh hat man inzwischen andere Probleme mit dem Musikgeschäft. Die Miesen in der Kasse kommen einfach daher, dass die Musiker zu viel Geld verdienen: „Wir entwickeln die Stars“, sagt Thielen, „aber von deren Einnahmen aus Konzerten und dem Merchandising sehen wir nichts.“ Er will nun „günstigere Verträge“ mit ihnen abschließen. „Günstig“ für ihn selbst, meint er. NIKLAUS HABLÜTZEL

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