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„Wir haben den Schritt geschafft“

Klaus Allofs, Sportdirektor beim Double-Sieger Werder Bremen, über Chancen, Ambitionen und Probleme einer Rückkehr ins internationale Geschäft

Interview Benno Schirrmeister

Vor elf Jahren hat Klaus Allofs, Jahrgang 1956, seinen Schnurrbart abrasiert: Das war nach seinem letzten Spiel für Werder Bremen. Zuvor war er als Mittelstürmer bei Fortuna Düsseldorf, dem 1. FC Köln, Olympique Marseille und Girondins Bordeaux aktiv gewesen, von 1978 bis 1986 spielte er zudem für die Nationalmannschaft. Vor dem morgigen Champions-League-Spiel gegen RSC Anderlecht in Belgien erklärt er, welche Vorteile seine Erfahrung für Bremens Rückkehr ins internationale Geschäft hat und wie viel Egoismus nötig ist um auf diesem Niveau bestehen zu können.

taz: Herr Allofs, haben Sie SAT1 schon von Ihrer Fernbedienung gelöscht?

Klaus Allofs, Sportdirektor Werder Bremen: Nein, natürlich nicht. Das war doch nur ein Scherz. Der allerdings, das gebe ich zu, wie fast jeder Scherz auch einen ernsteren Hintergrund hatte.

Sie hatten angekündigt, den Sender nicht mehr zu nutzen, weil er die Champions-League-Spiele von Werder nicht überträgt.

Ich war einfach enttäuscht. Und ich finde, es war unser gutes Recht, da enttäuscht zu sein - zumal alle Absprachen nach der Auslosung darauf hindeuteten, dass unser zweites Spiel übertragen würde. Wenn Leverkusen gegen Real Madrid spielt, das sieht man ja noch ein, dass das attraktiver ist. Aber dass die x-te Begegnung Bayern gegen Ajax gezeigt wird, während wir gegen den CF Valencia spielen – das ist schon ernüchternd.

Was können Sie dagegen tun?

Wir müssen mehr auf uns aufmerksam machen. Denn die Argumente sind auch klar: Wer bezahlt, darf natürlich auch bestimmen. Und die sagen, mit Bayern da bekommen wir so und so viel Prozent Einschaltquote, das ist garantiert. Mit Werder haben die noch keine Erfahrungswerte, was Live-Übertragungen angeht.

In Ihrer Zeit als Spieler waren Sie unter anderem Vizeweltmeister und Europapokalsieger, Sie sind einer der zehn besten deutschen Stürmer aller Zeiten – wie wichtig sind Ihre Erfahrungen für Werders Champions-League-Aufgaben?

Die Erfahrung ist da sicher nur ein Faktor unter vielen – um an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen zu können. Als Thomas Schaaf und ich hier anfingen, haben wir uns zwei Dinge vorgenommen. Das eine war, den Abstand zu den Spitzen-Teams nicht wachsen zu lassen. Denn wenn Sie da nicht dranbleiben, dann vergrößert sich die Distanz, dann laufen die Ihnen Stück für Stück weg. Das liegt einfach an den größeren Einnahmen. Das andere war, in absehbarer Zeit wieder Titel zu gewinnen. Dabei haben wir gar nicht in erster Linie an die Meisterschaft gedacht. Pokalsieger, das wollten wir mal wieder werden.

Das hat eine Weile gedauert…

Nun ja. Wir sind da, wo wir hinwollten. Jetzt muss es auch weitergehen. Dabei hilft die Erfahrung, auch wenn sich nichts wiederholt.

Wenn man das Umfeld betrachtet, hätte man die Rückkehr ins internationale Geschäft bei den norddeutschen Vereinen eher dem HSV zugetraut. Wieso ist sie gerade Werder gelungen?

Wichtig ist: Wir sind der Club im Norden, der diesen Schritt geschafft hat, und wir wollen das verteidigen. Aber nüchtern betrachtet wäre auch ich nur auf den HSV gekommen, wenn man mich vor fünf bis zehn Jahren danach gefragt hätte. Das große Stadion, das größere Einzugsgebiet – das alles haben wir nicht in Bremen. Dafür hatten wir eine ganze Reihe von glücklichen Personalentscheidungen – und die nötige Ruhe, um am sportlichen Erfolg zu arbeiten.

Und Sie sind der Garant für diese Ruhe.

Nein, diese Ruhe, das ist eine Konstellation im Verein. Sie besteht darin, dass hier auch auf unvorhergesehene Dinge nicht mit Aufregung reagiert wird.

Der Vater der letzten großen Erfolge an der Weser, Otto Rehhagel, holte für seine Mannschaft gerne Spieler, die am Ende ihrer Karriere waren. Sie selbst sind ein Beispiel dafür. Sie setzen in der Personalpolitik aber eher auf junge Talente

Das ist nicht ganz richtig. Wir haben hier auch – das wissen heute nicht mehr so viele – ältere Profis geholt, wie beispielsweise Julio Cesar. Das war damals ein sehr, sehr umstrittener Transfer. Aber es war auch eine sehr wichtige Personalentscheidung, weil Cesar ein Integrationsspieler war für Ailton oder auch Claudio Pizzarro, der da gerade neu zu uns gekommen war. So etwas wird es immer wieder geben.

Der internationale Wettbewerb verändert auch Ihre Rolle. Müssen Sie deshalb mehr Ellbogen zeigen?

Zeige ich denn wirklich mehr Ellbogen?

Die Kritik am Bundestrainer und verbale Rangeleien nach dem Bayern-Spiel sind von den Medien so dargestellt worden. Und man hat’s als ungewohnt empfunden.

Ich würde eher sagen, wir haben uns den anderen Herausforderungen gestellt. Natürlich ist auch die Aufmerksamkeit gewachsen. Wenn man immer fünfter oder sechster wird, ist es relativ egal, was man sagt. Das hat sich geändert, und die Reaktionen aus München zeigen uns: Die Bayern sehen uns in dieser Rolle eines wirklichen Konkurrenten. Ähnlich ist das in Fragen der Nationalmannschaft, auch weil, wer sportlichen Erfolg hat, eher befugt ist, bestimmte Dinge anzusprechen. Ich muss auch unsere Spieler schützen. Es ist nun einmal unsere Aufgabe, Vereinsinteressen zu wahren.

Also einen gesunden Egoismus an den Tag zu legen?

Ja, ich sehe das auch als einen gesunden Egoismus an. Die Angelegenheit aber ist erledigt, ich habe mit Yogi Löw darüber gesprochen: Wenn wir fünf Spieler für eine Begegnung abstellen, und sie bekommen aus unserer Sicht dort nicht das Vertrauen, das sie brauchen, dann muss ich das ansprechen.

Als klassische Schwierigkeit für Vereine im Europapokal gilt, die Wellenbewegung zwischen internationaler und nationaler Bühne zu verkraften, trotz des Niveaugefälles zwischen den Wettbewerben. Wie wird das Werder beim Spiel gegen Anderlecht und im Laufe der ganzen Saison meistern?

Ich würde das nicht als Niveauunterschied beschreiben.

Sondern?

Es sind einfach unterschiedliche Wettbewerbe, die gleichermaßen ernst genommen werden müssen. Was uns in der vergangenen Saison recht gut geglückt ist, war, die Spannung zu halten. Immer wenn eine Phase drohte, wo man dachte, wir packen das nicht, kam wieder ein Schub oder eine Stichelei aus München – das passte alles wunderbar. Wie das diesmal gelingt, lässt sich noch nicht sagen. Das wird die große Frage dieser Saison.

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