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Spar-Parade

ver.di ruft zu Protest gegen drastische Einschnitte in der beruflichen Weiterbildung auf. Zug vor das Arbeitsamt

Roland Kohsiek erwartet böse Nachrichten. Heute verkündet die Bundesanstalt für Arbeit die aktuellen Arbeitslosenzahlen, und die drohen nach Ansicht des ver.di-Bildungsexperten weiter in die Höhe zu schießen. Mitschuldig sind dem Gewerkschafter zufolge das Hamburger Arbeitsamt und die Bildungsbehörde, die massiv bei der beruflichen Weiterbildung einsparen. „Der Abbau verursacht Arbeitslosigkeit“, rügt der ver.di-Vertreter. Aus Protest gegen die Einschnitte ruft die Dienstleistungsgewerkschaft für heute Nachmittag zu einer „Education Parade“ vor dem Hamburger Arbeitsamt auf.

Die Aktion ist Teil einer bundesweiten Kampagne gegen die „drohende Zerstörung einer Branche“, so Kohsiek. Ein Großteil der Weiterbildungseinrichtungen hat Betriebsversammlungen angesetzt, um die Not zu besprechen. Vertreter von Gewerkschaften und Trägern wollen Arbeitsamtdirektor Rolf Steil eine Protestnote übergeben.

Denn das Arbeitsamt hat die berufliche Weiterbildung seit 2002 um ein Fünftel gekappt. Zugleich kürzte die Bildungsbehörde den Bereich seit 2002 um neun auf 34,7 Millionen Euro. „Die Einschnitte sind falsch“, teilt Gerhard Zimmer, Professor für Berufspädagogik an der Bundeswehr-Universität, die ver.di-Kritik. „Wir müssen Arbeitslose qualifizieren, um ihre Chancen auf einen Job zu erhöhen.“

In Hamburg schrumpfte die Zahl der Eintritte von Arbeitslosen in Weiterbildung bis August um 63 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Schuld sind laut Gewerkschafter Kohsiek auch die Bildungsgutscheine, die „ins Leere“ liefen. Anders als früher dürfen Ämter keine Träger mehr empfehlen. Statt dessen müssen sich Arbeitslose, mit Gutschein ausgerüstet, selbst auf die Suche machen. „Das überfordert viele“, so Kohsiek. In der Folge würden Scheine nicht eingelöst, zugleich drohe vielen Trägern die Pleite. EVA WEIKERT

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