grafite, torschützenlistenanführer: Der Bayern-Schocker
In seinen Anfangstagen in Wolfsburg stöhnten Leute auf, wenn er an den Ball kam – vor Entsetzen. Nachdem Edinaldo Batista Líbano, genannt Grafite, 2007 zum VfL gekommen war, verbesserte er mehrfach den Weltrekord in der Disziplin Stürmerfouls, verlor viele Bälle und schien fast nur mit der Pieke zu schießen. Erstaunlich, wie sich der Stürmer seitdem entwickelt hat. Heute steht er mit 20 Toren aus 17 Ligaspielen an der Spitze der Torschützenliste. Das ist, man muss es so sagen, Gerd-Müller-Niveau.
Und dann auch noch dieses 5 : 1 am Samstag gegen den FC Bayern: sein zweites Tor, Schluss- und Höhepunkt eines großen Spiels und ein Treffer, der mit ziemlicher Sicherheit in die Heavy Rotation bei Youtube kommen wird. „Mein schönste Tor bisher“, sagte Grafite hinterher in den Katakomben der VW-Arena. Der Stoßstürmer war eine Halbzeit praktisch gar nicht im Spiel gewesen. Trainer Felix Magath habe ihn in der Pause mit angehobener Lautstärke darauf hingewiesen, „dass der Grafite nicht das gebracht hat, was der Magath will“. Naja, sagte Grafite, „ich habe dann meine Arbeit verbessert“. Sicher profitierte er vom Ausscheiden des Bayern-Innenverteidigers Lúcio. Beim 4 : 1 (74.) schob er den jungen Breno einfach weg, beim 5 : 1 (77.) blieb ihm der Ball zwischen den Beinen hängen – „da musste ich es mit der Hacke machen“.
Grafite hat als Kind in der Nähe von São Paulo Mülltüten verkauft und kam als Profi erst spät auf gehobenes Niveau. Gerade ist er 30 geworden, ist immer noch nicht taktisch perfekt, lässt sich leicht provozieren – aber so viele Tore wie in Wolfsburg hat er noch nie geschossen.
Während Magath und seine Musterprofis eisern das Mantra „Saisonziel Platz 5“ beschwören, hat Grafite es sich erlaubt zu sagen, man habe „meisterlich gekämpft“. PETER UNFRIED
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Fotohinweis:GRAFITE, 30, darf als bester Torschütze der Liga den Mund ein bisschen voller nehmen als die anderen. FOTO: DPA
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