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Würde, käme, läge

Steuerschätzung begräbt Träume vom ausgeglichenen Haushalt. Senator stellt vorläufige Zahlen vor

Bremen taz ■ Wenn die Zahlen wahr werden, die Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) gestern, einen Tag nach den neuesten Sparbeschlüssen des Koalitionsausschusses, präsentierte, „dann ist der Haushalt rechtstechnisch nicht verfassungskonform.“ Das nämlich wären mit den Worten des Senators die Folgen der aktuellen Steuerschätzung des Bundes, aus der sich für die kommenden beiden Jahre bundesweit ein Minus von 8,2 Milliarden und für Bremen ein Minus von rund 76 Millionen Euro für die Jahre 2003 bis 2005 ergibt (taz berichtete). Aber, betonte Ulrich Nußbaum, dies sei der heutige und damit vorläufige Stand. Denn geschätzt wird nach geltendem Steuerrecht – und nicht danach, wie sich künftige Gesetze auf die Finanzsituation auswirken. Kämen die unter „Hartz IV“ zusammengefassten Gesetze unverändert durch Bundesrat und Vermittlungsausschuss, würde das für Bremen eine Entlastung bedeuten. Würde die Steuerreform vorgezogen, läge darin für Bremen eine enorme Belastung, oder in Ulrich Nußbaums Worten: „Dann platzt das Ganze sowieso.“ Das Ganze meint in diesem Fall den verfassungskonformen Haushalt und den Traum davon.

Würde, käme, läge: Ulrich Nußbaum jongliert derzeit mit Konjunktiven und verweist auf Anfang des Jahres, da wisse man mehr. Aus heutiger Sicht lassen sich die neuen Löcher, die die Steuerschätzung in Aussicht stellt, nur „zwischenparken“, so Nußbaums Formulierung, nämlich „zwischenzeitlich mit Krediten finanzieren.“ Wenn aber laufende Kosten mit Krediten statt eigener Einnahmen finanziert werden, ist ein Haushalt nicht verfassungskonform.

Wenn denn klar ist, wie groß das neue Loch – Nußbaum: „Ich vermute deutliche Mindereinnahmen“ – genau wird, dann müsse man ausrechnen, welche Ansprüche man beim Bund geltend machen könne. „Ich gehe nicht davon aus“, erklärte der Senator gestern, „dass wir das alles auf den Kanzlerbrief rechnen können.“ Zumal auch Entlastungseffekte anzurechnen seien.

Dabei hatte Ulrich Nußbaum gestern auch Gutes zu verkünden: Denn nach derselben Steuerschätzung, die Bremens verfassungskonformen Haushalt in weite Ferne rücken könnte, legt Bremen in den Steuereinnahmen zu. Um knapp 140 Millionen bis 2005. Aber weil Bremen im Länderfinanzausgleich viel mehr Geld bekommt als es geben könnte, muss es für diese Mehreinnahmen – vor allem Gewerbesteuer – mehr an die anderen Länder abdrücken. sgi

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