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Musihalle versus Elb-Philharmonie: Parcours der Kandidaten

Er ist noch nicht einmal gebaut, der neue Konzertsaal auf dem Kaispeicher A, der Hamburg zu einer Welthauptstadt der Musik machen soll. Doch das Tauziehen hat längst begonnen. Wenn es eine neue Elbphilharmonie gibt, was wird dann aus der alten Musikhalle am Brahms-Platz? Sollen beide Häuser miteinander konkurrieren oder unter der Leitung eines Generalintendanten stehen? Und: Wer soll künftig welche Konzerte in welchem der beiden Musentempel veranstalten dürfen?

An die Öffentlichkeit dringt für gewöhnlich nur, was von interessierter Seite dort lanciert wird. So hatte sich der scheidende Leiter der Salzburger Festspiele, Peter Ruzicka, schon mal mittels eines Interviews im Hamburger Abendblatt als Intendantenbewerber ins Gespräch gebracht. Karsten Witt, ehemaliger Chef der Deutschen Grammophon und ebenfalls als Kandidat gehandelt, teilte dagegen in der Welt am Sonntag verbale Ohrfeigen aus an eine in Erbhöfe aufgeteilte und allzu gewinnorientierte hanseatische Veranstalterszene. Und auch der NDR, vertreten durch Rolf Beck, Leiter des Bereichs Orchester und Chor und zugleich Intendant des Schleswig-Holstein-Musik-Festivals, dürfte bei der Entscheidungsfindung – diskreter, aber umso einflussreicher – ein Wort mitreden.

Die im Zentrum all dieser Ansprüche stehende Kultursenatorin Karin von Welck brachte sich vorerst hinter einer Riege eigens eingeflogener Berater in Sicherheit. Das Ergebnis der Beratungen entschlüpfte ihr dann en passant während einer Diskussionsveranstaltung und stand am nächsten Tag in der Welt: Es wird für beide Häuser einen gemeinsamen Intendanten geben.

Hoffnungen auf den Posten macht sich auch der Geschäftsführer der Musikhalle, Benedikt Stampa, der sich und sein Haus mit eigenen Konzertreihen und einer innovativen Programmpolitik gut profiliert hat. Doch da das alleine nicht unbedingt reicht, hat Stampa sich der Rückendeckung einer der einflussreichsten hanseatischen Unternehmerfamilien versichert. Im Vorstand des Freundeskreis der Musikhalle – die ab 2005 nach ihrem Stifter wieder Laeisz-Halle heißen wird – engagiert sich künftig Nikolaus H. Schües, Sohn des ehemaligen Hamburger Handelskammerpräsidenten Nikolaus W. Schües. Vater und Sohn Schües sind Partner und Geschäftsführer der Hamburger Traditionsreederei Laeisz.

Vehement gegen eine Umbenennung in Laeisz-Halle, gegen einen Generalintendanten und überhaupt gegen Veränderungen im städtischen Konzertleben ist dagegen Hans-Werner Funke. Als privater Veranstalter der Pro-Arte-Konzertreihe hat Funke bisher mit exklusiven, aber konservativen Programmen den nicht öffentlich-rechtlich oder staatlich subventionierten Klassik-Veranstaltungsmarkt dominiert.

Wie das Intendantenrennen ausgehen wird, ist schwer zu sagen. Fest steht nur dreierlei: Erstens, die bloße Ankündigung eines neuen Konzertsaals hat einige Bewegung in die Szene gebracht. Zweitens, eine Musikhauptstadt war Hamburg bis dato nicht. Und drittens, die Kraft zu einem Aufbruch erhofft man sich für gewöhnlich nicht von denen, die etwas zu verlieren haben. ILJA STEPHAN

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