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FUSIONEN BIETEN CHANCEN. DAS GILT FÜR KIRCHEN UND FÜR BUNDESLÄNDEREffizienz statt Provinzialität

„Es ist vollbracht!“, möchte man mit Jesus ausrufen – na ja, das ist ein wenig geschmacklos, denn diesem letzten Satz des Gekreuzigten ging ein schreckliches, langsames Sterben voraus. Was jedoch passt für die nun endlich geglückte Fusion der Kirche der Lausitz mit der Berlin-Brandenburgs: Es war ein mühsamer, langwieriger Prozess.

Tatsächlich weist die Diskussion um die Reform des bundesdeutschen Föderalismus einige Parallelen zur aktuellen Kirchenfusion auf. In beiden Fällen geht es darum, unnötige Verwaltungsstrukturen abzubauen. Durch die so neu entstehenden Einheiten, also größere Landeskirchen oder Bundesländer, soll Personal und Geld gespart werden. Wie die Bundesländer haben auch die Kirchen in Zeiten üppigen (Kirchen-)Steuersegens Bürokratien aufgebläht, die nun angesichts rückläufiger Einnahmen einfach nicht mehr finanzierbar sind.

Wie in der politischen Landschaft gibt es zudem auch bei den Kirchen seit Jahren einen Zug zur Zentralisierung, angetrieben auch durch die Medien, die schnelle, klare und einfache Antworten haben wollen. Das kann man bedauern, ist aber nicht rückgängig zu machen – und mal ehrlich: Schadet es der Bundesrepublik oder der evangelischen Kirche denn wirklich, wenn die Bremer irgendwann einmal keine eigene Stimme mehr im Bundesrat haben und die Kirche der Lausitz keinen eigenen Vertreter mehr im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, EKD?

Natürlich droht immer die Gefahr, dass bei Fusionen liebenswerte lokale Traditionen verschwinden. Sicherlich ginge auch ein Stück Demokratie verloren, wenn etwa die Hansestadt nicht mehr Bundesland, sondern nur noch eine größere Stadt in einem norddeutschen Land wäre. Und die evangelische Kirche der Lausitz nur noch eine regionale Gliederung innerhalb einer gemeinsamen berlin-brandenburgischen Kirche. Daran ändert nichts, dass kleine Verwaltungsstrukturen häufig aufgrund ganz spezifischer historischer Gründe entstanden sind (und sei es, weil die US-Amerikaner nach dem 2. Weltkrieg einen Hafen an der Nordsee haben wollten). Denn damit allen kann heute keine Eigenständigkeit mehr begründet werden – zumal die meisten dieser Kleinststrukturen in Zeiten immer ausgefeilterer technischer Kommunikationsmittel auch für die Demokratie verzichtbar sind.

Die Fusionen der Kirchen wie der Bundesländer bieten die Chance zu einem Mehr an Effizienz und Dynamik – und zu einem Weniger an Geldverschwendung und Provinzialität. Nur einen langen Atem und starken Willen muss man dafür haben. Schließlich zeigt die Geschichte des Föderalismus in Deutschland deutlichst: Kleine Provisorien leben am längsten. PHILIPP GESSLER

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