: Vaterschaft und einmal Pommes
Mit einer gemeinsamen Initiative wollen die Innenminister die „zweckwidrige Anerkennung von Vaterschaften“ bekämpfen. Verbände sprechen von Einzelfällen und befürchten Willkür der Behörden
VON ULLA JASPER
Deutschlands Innenminister haben ein neues Feindbild: die so genannten „Imbissväter“ – deutsche Männer, die gegen Bezahlung die Vaterschaft ausländischer Kinder anerkennen und damit dem Kind und der ausländischen Mutter ein Bleiberecht in Deutschland verschaffen.
Nach Angaben des Innenministeriums in Düsseldorf gab es in Nordrhein-Westfalen zwischen März 2003 und März 2004 388 Fälle, in denen ein deutscher Mann das Kind einer von Abschiebung bedrohten Frau anerkannt hat. In 413 Fällen hat ein ausreisepflichtiger Mann das Kind einer deutschen Frau anerkannt. Dies sei der „klassische Fall“, so die Sprecherin des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, Dagmar Pelzer. Entscheidend für die amtliche Anerkennung der Vaterschaft und damit auch für das Aufenthaltsrecht ist nicht die biologische Abstammung des Kindes, sondern allein die Tatsache, ob sich der Vater zu dem Kind bekennt.
Da nach Ansicht der Berliner Innenverwaltung die „Verträge“ zwischen Mutter und „Vater“ vorzugsweise an öffentlichen Orten wie Imbissbuden besiegelt werden, fand man den Begriff „Imbissväter“ wohl besonders passend, auch wenn sich das nordrhein-westfälische Innenministerium von dieser Bezeichnung lieber distanzieren würde, wie Sprecherin Pelzer deutlich macht. Sie bestätigt allerdings, dass sich die Innenminister auf ihrer nächsten Konferenz am 18. November mit der Frage der Scheinvaterschaften beschäftigen werden. Die Initiative dafür sei jedoch von dem Bremer Innensenat ausgegangen, erklärt Pelzer, die zugibt, dass es sich dabei um „ein hoch sensibles Thema“ handelt.
Die Sprecherin des Ministeriums räumt ein, dass die bisher bekannten Zahlen nicht belegen können, ob es sich tatsächlich um eine vorgetäuschte Vaterschaft handelt: „Die Erhebung sollte nur aufzeigen, um wie viele Fälle es sich in etwa handeln könnte. Die tatsächlichen Zahlen wird man kaum herausfiltern können.“ Sie verweist aber auf die Erfahrungen der Ausländerbehörden, die belegten, dass es tatsächlich einen Missbrauch des Vaterschaftsrechts „in nicht geringer Größenordnung“ gebe.
Für Coletta Manemann, Landesgeschäftsführerin des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften in Bonn, ist die Innenministerinitiative und insbesondere der Begriff „Imbissväter“ jedoch ein „Skandal“. „Hier wird wieder auf Grund von Einzelfällen ein ganzer Personenkreis diffamiert.“ Sie wolle zwar keineswegs ausschließen, dass es Beispiele für den Missbrauch der Rechtsvorschriften geben könnte, bei den meisten Fällen handele es sich aber um „ganz harmlose und völlig legale“ Vaterschaften. „Die von den Innenministern herausgegebenen Zahlen belegen überhaupt nichts,“ kritisiert Manemann.
Sie argumentiert, dass nur wenige Väter eine Vaterschaft anerkennen, ohne irgend eine Bindung zu dem Kind zu haben: „Dazu sind die langfristigen finanziellen Verpflichtungen, die mit einer anerkannten Vaterschaft einhergehen, viel zu schwerwiegend.“ Schließlich könne das Kind dann den Vater auf Unterhalt verklagen.
Auch im Düsseldorfer Innenministerium ist man sich nicht sicher, wie man gegen den möglichen Missbrauch vorgehen könnte, „ohne an einer anderen Stelle viel Porzellan zu zerschlagen“, so Pelzer. Möglich sei auf Bundesebene aber eine Änderung im Familienrecht, um den Jugendämtern zu erlauben, bei Verdacht Vaterschaften anzufechten. Diesen Vorschlag werden die Innenminister dem Bundesjustizministerium im November machen. Für Manemann ist das eine „Horrorvorstellung“. Ähnliche Vorschriften existierten bereits bei den pauschalen Verdächtigungen gegenüber deutsch-ausländischen Paaren, denen eine so genannte Scheinehe unterstellt werde. „Auch hier entscheiden Behördenmitarbeiter immer wieder völlig subjektiv und willkürlich.“
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