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Experte gegen AKW im bulgarischen Belene

ATOMKRAFT Ex-Chef von Bulgariens Atomaufsicht: Geplanter Standort ist erdbebengefährdet

BERLIN taz | Jürgen Großmann kann sich auf eine lange Fragestunde gefasst machen. Den Vorstandsvorsitzenden des Energiekonzerns RWE wollen Umweltschützer auf der morgigen Aktionärsversammlung über die Pläne für das umstrittene Atomkraftwerk im bulgarischen Belene ausquetschen. Am Montag sagte sogar der ehemalige Leiter der bulgarischen Atomaufsicht, Guergui Kastchiev, dass das Vorhaben „so schnell wie möglich gestoppt“ werden müsse.

Kastchiev gehört nicht zu den eingefleischten Atomkraftgegnern, befürwortet zum Beispiel den AKW-Neubau in Finnland. Jetzt sprach er sich in Berlin auf Einladung der Umweltschutzorganisation Urgewald gegen das Projekt in Belene aus. Sein Hauptargument: Das Gebiet, in dem der Atommeiler gebaut werden soll, sei stark erdbebengefährdet. Vor 32 Jahren seien bei einem Beben mehr als 120 Menschen ums Leben gekommen – nur wenige Kilometer entfernt vom geplanten Standort für das AKW. Um die Gefahr realistisch einzuschätzen, benötige man Untersuchungen, die die Vorkommnisse der vergangenen 10.000 Jahre mit einbeziehen. Bestehende Landkarten der Europäischen Seismologischen Kommission, auf denen das Erdbebenrisiko verzeichnet ist, reichten zwar für normale Gebäude aus, nicht aber für Atomreaktoren.

Für Heffa Schücking von Urgewald ist klar: Das Atomprojekt hätte in Deutschland „niemals eine Chance auf Genehmigung“. Es sei nicht in Ordnung, wenn es zu einem „Dumping“ an Sicherheitsanforderungen komme. Davon will der RWE-Konzern, der bis zu 49 Prozent des Baus finanzieren will, nichts wissen: Die EU habe festgestellt, dass es sich um einen fortgeschrittenen Reaktortyp handele. Dieser erfülle „höchste Sicherheitsstandards“, sagt RWE-Sprecher Michael Pack. Doch nach Medienberichten finden sich auch im RWE-Aufsichtsrat kritische Stimmen zu dem Projekt. FELIX WERDERMANN

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