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Spediteure wollen Ökosteuer light

Vor dem Bundesverfassungsgericht mahnen Fuhrunternehmer eine Gleichbehandlung mit der Industrie an, die ermäßigten Steuersatz zahlt. Auch Kühlhausbetreiber klagen. Urteil wird in einigen Monaten erwartet. Private Autofahrer wenig betroffen

aus Karlsruhe CHRISTIAN RATH

Die deutschen Spediteure wollen eine Sonderregelung bei der Ökosteuer, sonst seien sie international nicht mehr konkurrenzfähig. Fünf Fuhrunternehmen haben deshalb das Bundesverfassungsgericht angerufen, das gestern über ihre Klagen verhandelte.

„Energie soll teurer und Arbeit billiger werden“. Das ist das Grundprinzip der unter Rot-Grün eingeführten ökologischen Steuerreform. Die Ökosteuer soll Anreize zum Energiesparen, aber auch zu Innovationen wie dem Drei-Liter-Auto geben. Das Aufkommen in Höhe von derzeit rund 18 Milliarden Euro jährlich fließt fast vollständig in die Rentenversicherung. „Ohne Ökosteuer läge der Beitragssatz von 19,5 Prozent heute 1,7 Prozent höher“, betonte Staatssekretärin Barbara Hendricks (SPD) aus dem Finanzministerium.

Die Mineralölsteuer wurde seit 1999 jährlich um drei Cent erhöht. Außerdem wurde im selben Jahr eine Stromsteuer mit zwei Pfennig pro Kilowattstunde (kWh) eingeführt und seitdem jährlich um 0,26 Cent erhöht. Doch von vornherein gab es Ausnahmen für das produzierende Gewerbe. Hinter dieser Sonderregelung steht die Befürchtung, die Industrie wandere sonst wegen der Ökosteuer ins Ausland ab. Die Stromsteuer reduzierte sich für die Industrie daher auf einen Bruchteil, ebenso der Ökosteueranteil am Benzinpreis.

Die gleichen Steuervorteile wollen nun auch die Spediteure haben. „Auch hier herrscht ein harter internationaler Wettbewerb“, betonte ihr Rechtsvertreter Wolfgang Schön. „Der deutsche Marktanteil am grenzüberschreitenden Verkehr ist zuletzt von 37 auf 23 Prozent gesunken – nicht zuletzt wegen der Ökosteuer.“ Nur die Unternehmen, die im Ausland tanken können, kommen mit der Ökosteuer gut zurecht, erläuterte Karlheinz Schmidt vom Bundesverband Güterkraftverkehr.

In einem weiteren Verfahren klagten gestern auch zwei Kühlhausbetreiber gegen die Ökosteuer. Freie Kühlhäuser müssen nämlich den vollen Ökosteuersatz bezahlen, während in den Kühlhäusern von Langnese oder Iglo der ermäßigte Satz für das produzierende Gewerbe gilt. „Dort wird deshalb die Kapazität erweitert, während die Auslastung der freien Kühlhäuser sinkt“, kritisierte Jürgen Salzwedel als Vertreter der Kühlhausbetreiber. Er sieht den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt. Zumindest diese Klage hat gute Erfolgsaussichten. In einer Stellungnahme hatte der Bundesfinanzhof, das höchste deutsche Finanzgericht, die Wettbewerbsverzerrung im Kühlhausbereich schon vor drei Jahren als verfassungswidrig bewertet. Wie das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird, gilt als ungewiss. Wahrscheinlich haben die Kühlhausbetreiber bessere Chancen als die Spediteure. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

Mit dem privaten Autoverkehr und dem Kühlschrank in der Küche hat das alles nichts zu tun. Nur wenn Karlsruhe die Ökosteuer kippt, entfällt sie auch für den privaten Bereich. Am Nachmittag wollten die Spediteure das rot-grüne Vorzeigeprojekt ganz grundsätzlich angreifen. Im Grundgesetz fehle eine Kompetenz zur Einführung von Ökosteuern, hieß es in der Verfassungsbeschwerde. Außerdem dürfe das Aufkommen nicht zur Finanzierung der Rentenversicherung benutzt werden.

Aussicht auf Erfolg hat dies aber nicht. Der Bund darf Verbrauchsteuern erheben, heißt es im Grundgesetz. Auch die Mineralölsteuer ist nicht ausdrücklich in der Verfassung erwähnt. Außerdem können Steuereinnahmen – und das ist gerade ihr Sinn – für jeden beliebigen Zweck ausgegeben werden, den der Bundestag für sinnvoll hält.

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