: Strahlender Protest gegen die Atomenergie
TSCHERNOBYL-TAG Demonstration vor dem Vattenfall-AKW Krümmel gegen erneute Inbetriebnahme des Reaktors, der seit fast zwei Jahren repariert wird. Sorgen wegen neuer Leukämie-Erkrankung
Mehr als 1.500 Menschen waren es nicht, die am Sonntag bei strahlendem Wetter gegen eine erneute Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Krümmel bei Geesthacht protestierten. Anlass war der 23. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Am 26. April 1986 war es dort fast zur Kernschmelze – dem größten anzunehmenden Unfall (GAU) – gekommen. Mehr als 100.000 Menschen starben oder erkrankten, über eine Viertelmillion musste ihre Heimat verlassen, große Teile Ost- und Nordeuropas wurden radioaktiv verseucht.
Der Atommeiler Krümmel dürfe nicht wieder ans Netz gehen, forderten nun mehrere Umweltverbände und Anti-Atom-Initiativen, die ebenso wie Grüne und Linke zur Demonstration aufgerufen hatten. Die von Vattenfall betriebenen AKWs in Krümmel und Brunsbüttel stehen seit fast zwei Jahren wegen umfangreicher Reparaturen still. Sie waren Ende Juni 2007 nach Störfällen abgeschaltet worden. Der Konzern kündigte an, zumindest Krümmel noch 2009 wieder anfahren zu wollen.
Jochen Stay von der Anti-Atomkraft-Kampagne „ausgestrahlt“ war mit dem Zuspruch sehr zufrieden. Weil der im Atomkonsens vereinbarte Ausstieg aus der Atomkraft von Wirtschaft, CDU und FDP wieder in Frage gestellt würde, gingen die Menschen wieder verstärkt auf die Straße, sagte er.
Für Aufregung sorgt zudem, dass vorige Woche wieder ein Kind in der Elbmarsch an Leukämie erkrankt ist. Seit 1989 sind im Umkreis von etwa fünf Kilometern um den Atommeiler 19 Kinder und Jugendliche an Blutkrebs erkrankt. Die genaue Ursache für diese weltweit höchste Erkrankungsrate wurde aber bislang nicht geklärt. Viele Ärzte und Bürger machen den Meiler verantwortlich und fordern seine Stilllegung.
Proteste gegen Atomkraftwerke fanden am Tschernobyl-Tag auch in Göttingen sowie in Münster und Neckarwestheim statt. SVEN-MICHAEL VEIT
Wirtschaft und Umwelt SEITE 9
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen