DAS GENTECHNIK-GESETZ SCHÜTZT VOR UNERWÜNSCHTEN NEBENWIRKUNGEN: Die schleichende Kontamination
Rot-Grün ist standhaft geblieben. Trotz scharfen Gegenwindes hat der Bundestag gestern das neue Gentechnikgesetz verabschiedet. Und das ist auch gut so. Denn nur mit den dort vorgesehenen strengen Haftungsregelungen wird künftig überhaupt noch die landwirtschaftliche Produktion von gentechnikfreien Lebensmitteln möglich sein.
Nur wenn der Verursacher – in diesem Fall der Gentech-Anbauer – für den von ihm ausgehenden Schaden auf dem nachbarlichen Acker verantwortlich gemacht werden kann, haben konventionell und biologisch wirtschaftende Betriebe noch eine Chance, der schleichenden Gentech-Kontamination unserer Lebensmittel etwas entgegenzusetzen. So ist der Anbau von gentechnikfreien Raps in Kanada kaum mehr möglich. In Mexiko, wo der Anbau von Gentech-Pflanzen verboten ist, ist mittlerweile fast kein Maisfeld mehr zu finden, auf dem nicht auch Gentechpflanzen stehen. Eingesickert sind die Gentech-Pflanzen dort mit Lebensmittelimporten aus den USA. Dabei häufen sich die Berichte über unerwünschte Nebenwirkungen der grünen Gentechnik.
Wer vor diesem Hintergrund fordert, Gentech-Landwirte, die die Maßnahmen zur Reduzierung des Pollenflugs einhalten, von Haftungsansprüchen freizustellen, der nimmt bewusst in Kauf, dass die gentechfreie Landwirtschaft platt gemacht wird. Wenn der Bauernverband, die Pflanzenzüchter, die Biotech-Lobby und auch die Oppositionsparteien es ernst mit der Wahlfreiheit meinen würden, hätten sie sich für klare Regeln zum Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft einsetzen müssen. Dergleichen war von ihnen aber nicht zu vernehmen. Auch wenn sie mit der jetzt verabschiedeten „verschuldungsunabhängigen Haftung“ nicht einverstanden sind – warum haben sie sich nicht dafür stark gemacht, dass auch die Hersteller des Gentech-Saatguts für die Begleichung eines Schadens mit herangezogen werden?
Stattdessen kommt der Ruf nach dem Staat. Er, also der Steuerzahler, soll für die Nebenwirkungen der grünen Gentechnik zahlen. Das darf nicht sein. Denn das hieße nichts anderes als: Die Gewinne werden privatisiert, für den Schaden kommt die Allgemeinheit auf. WOLFGANG LÖHR
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