taz-adventskalender (3): Die Adlon-Suite
Stehen Sie auf fade Schokotäfelchen? Wir auch nicht. Die Türen des taz-Adventskalenders verbergen anderes: geheime Schätze und wilde Tiere. Sex and Crime. Letzte Dinge. Bis Weihnachten öffnen wir täglich eine Tür – auf einem Kalender namens Berlin.
Das ist alles? Vor dieser Tür haben der US-Präsident, Michael Douglas und die Queen gestanden? Unscheinbar, ja enttäuschend diese Kirschholztür, daneben die weißen Kacheln, die auch in Weddinger Hausfluren zu finden sind. Gut, nicht ganz so geschrubbt. Doch Schlüssel und Schloss sind vergoldet, und hinter der Tür liegt Berlins teuerstes Zimmer: die Präsidentensuite des Adlon.
Beim Eintritt steht man zunächst in einem mit Marmor gefliesten Rundzimmer, die Qual der Wahl beginnt. Fünf oder sind es vielleicht doch sechs Zimmer, die von diesem Flur abgehen? Rechts das Speisezimmer, daneben der Salon, eine Bibliothek, dahinter das Schlafgemach, der Badesaal, noch ein Schlafzimmer und der Diensttrakt mit Küche – die der Ehrengast selbstverständlich nicht zu Gesicht bekommt. Im Stil des Art déco soll die Nobelsuite eingerichtet sein, was mit dem amerikanisch geprägten Ambiente der zwanziger Jahre zu tun hat, preist die Hotelbroschüre. Die Wohnzimmercouch heißt hier Kanapée, der Glasschrank Vertiko, von einem Diwan ist die Rede, der wie ein lang gezogener Ohrensessel aussieht. Alles in diesem hellen Braunton, was den Zimmern zwischen all den wuchtigen Wurzelholzmöbeln tatsächlich einen Hauch von Wärme verleiht.
Doch hat die 180-Quadratmeter-Bude eine Menge mehr zu bieten als einen Steinwayflügel, die Bibliothek mit Frederic-Forsyth-Wälzern und den 24-Stunden-Butler. Dem Gast wird jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Als die Queen in das Seidenbettzeug fiel und auf die Fernsehbedienung drückte, erschienen auf dem Schirm nur englische Programme. Als Michael Jackson hier residierte, wurde ein Luftbefeuchter mit Sonderfilter installiert, auch wenn unklar ist, was diese Stimmbänder eigentlich noch ruinieren soll.
Bemerkenswert auch die Salze im Badesaal, wo Sauna, Dampfdusche und Whirlpool locken: Neben 0815-Odeurs (Rose, Sandelholz, Pfirsich) gibt’s auch Cremesoda, Inselpunsch oder gebutterten Puffmais. Ein weiterer Service ist die Kissenauswahl. Ob Nackenrolle oder Keilkissen, Rosshaar-, Dinkel- oder Grünkernfüllung – für die Nacht serviert das Adlon Kopfkissen à la carte. Das Highlight der Suite ist aber die Sicht aufs Brandenburger Tor. Und falls der Blick wegen einer Werbeplane doch verdeckt sein sollte, hat das Concierge-Team für Abhilfe gesorgt: Direkt neben dem Fenster kann man das Wahrzeichen im Miniaturformat genießen. Die Edelherbschokolade ist bei 8.000 Euro pro Nacht inklusive. FELIX LEE
Morgen: Stadtschloss-Portal
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