CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI: Abgründe im Alltag
Selbst wenn man abends beim Absacker zusammen am Tresen sitzt: Was weiß man schon über die Kollegen? Verena (Maja Maranow) und Otto (Florian Martens) ermitteln gerade im Todesfall eines Familienvaters, der durch einen Föhn in der Badewanne gestorben ist, und die Selbstmordvermutung führt zur Reflexion über Lebensmüdigkeit an sich. Verena stand auch schon mal davor, sich umzubringen. Otto ist fassungslos; täglich hockte man zusammen, alles schien so harmonisch.
Ein zweiter Todesfall fördert noch mehr Unerwartetes zutage: Polizist Yüksel (Tayfun Bademsoy) wird erschossen gefunden. Doch auf dem Revier weiß kaum einer etwas über ihn.
Ein verstörendes Gefühl von Anonymität bereitet sich aus in dieser sonst so kommoden Krimireihe, wo sich alle nur beim Vornamen nennen und abends in der Kneipe beisammensitzen. Autorin Katrin Bühling und Regisseur Markus Imboden gelingt es in „La Paloma“, die Abgründe im Ermittleralltag aufzuzeigen.
Beginnt die Folge noch als gedrosselter Verdächtigenreigen, ziehen die Macher ganz unvermutet dem Zuschauer den Boden unter den Füßen weg – und gönnen ihm nicht mal melodramatische Genugtuung. So banal wie in dieser Ausnahme-Episode kam das Böse schon lange nicht mehr daher. Wie sagt Otto am Ende: „Und dit war’s jetzt?“
■ Kiel-„Tatort: Borowski und die heile Welt“; So., 20.15 Uhr, ARD. Foto: Archiv
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