piwik no script img

Naturschützer im Feldhamsterkrieg

Zwischen den Umweltschützern von Nabu und BUND ist ein Streit um den Neubau des Braunkohlenkraftwerks in Grevenbroich entbrannt. Auslöser ist ein Gutachten über den Lebensraum von Feldhamstern. Energiekonzern RWE ist der lachende Dritte

Die ganze Feldhamster-Diskussion ist eine Farce

VON ULLA JASPER

Der Streit um den Feldhamsterschutz in Grevenbroich-Neurath geht in die nächste Runde und RWE Power reibt sich vergnügt die Hände. Während der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) den Kraftwerksneubau von RWE mit dem Verweis auf schützenswerte Feldhamstervorkommen verhindern will, argumentiert nun der Naturschutzbund (Nabu), dass der BUND einer Finte von RWE aufgesessen sei.

„RWE will das Kraftwerk doch offensichtlich gar nicht bauen“, so der Vorsitzende des Nabu-NRW, Josef Tumbrinck, zur taz. Das Unternehmen habe deshalb bewusst einen Gutachter beauftragt, der auf dem Gelände Feldhamster finden würde. „Wenn RWE keine Hamster dort finden will, dann gäbe es genug andere Planungsbüros, die die auch nicht finden“, so Tumbrinck. Das positive Ergebnis der Untersuchung sei dann dem BUND zugespielt worden, damit dieser den Kraftwerksneubau aus Artenschutzgründen verhindere.

Ziel der RWE-Strategie sei es, die Verpflichtungen zur Kraftwerksmodernisierung zu umgehen: 1994 hatten sich Landesregierung und Industrie auf ein Programm zur Erneuerung des veralteten Kraftwerksparks geeinigt. „Die Modernisierung des Kraftwerksparks wurde RWE doch politisch aufgezwungen“, erklärt Tumbrinck. Mit dem Feldhamster habe man nun einen Vorwand geliefert, die Erneuerung erstmal zu verschieben. „Vielleicht ist sich RWE ja auch gar nicht so sicher, ob die Braunkohle in NRW wirklich Zukunft hat und verlangt von der Landesregierung erst feste Zusagen“, so der Nabu-Chef.

Unterstützung für diese These erhält der Nabu auch von den Grünen im Düsseldorfer Landtag. „Die Vermutung liegt nahe, dass RWE das Braunkohlenkraftwerk gar nicht bauen will“, so Oliver Krischer, energiepolitischer Referent der Fraktion. „Wir erleben schon seit Jahren, dass die vereinbarte Modernisierung immer wieder verschoben wird.“ Der Feldhamster sei nun ein weiterer willkommener Anlass.

Doch anders als der BUND, der aus Klimaschutzgründen grundsätzlich gegen weitere Braunkohlekraftwerke ist, hält Krischer einen Verzug des Neubaus für kontraproduktiv: „Der Neubau ist klimapolitisch sinnvoll, da es sich um ein modernes Braunkohlenkraftwerk mit geringerem Kohlendioxid-Ausstoß handelt.“ Man müsse „realitätstüchtig“ sein und anerkennen, dass noch für Jahrzehnte in NRW Braunkohle abgebaut und verstromt werde.

Eine ganz andere Position vertritt dagegen der BUND. „Wenn der Feldhamster verhindert, dass RWE nun dieses Braunkohlenkraftwerk baut, dann ist das ein Erfolg für den Klimaschutz“, so BUND-Geschäftsführer Dirk Jansen. Allerdings räumt Jansen ein, dass sich die öffentliche Diskussion zu sehr auf den Feldhamster zugespitzt hat. „Es gibt eine Vielzahl von weiteren Argumenten gegen das Braunkohlekraftwerk“, so Jansen.

Bei RWE Power sieht man das naturgemäß anders. „Die ganze Feldhamster-Diskussion ist eine Farce“, so Unternehmenssprecher André Bauguitte. Der Konzern wolle das Kraftwerk definitiv bauen und hoffe auf ein zügiges Genehmigungsverfahren.

Unterdessen hat sich auch Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) in die Diskussion eingeschaltet. Sie sprach sich ausdrücklich für den Neubau des Kraftwerks aus. „Wir brauchen moderne Kraftwerke. Seien es Gas-, Braunkohle- oder Steinkohlekraftwerke.“ Die Umweltministerin verwies darauf, dass das Artenhilfsprogramm der Landesregierung den Schutz der Feldhamster sicherstellen werde. Versuche der FDP, einen Konflikt zwischen Umweltschutz und Wirtschaftsinvestitionen herbeizureden, kritisierte Höhn: „Naturschutz und wirtschaftliche Entwicklung sind beide im Interesse des Landes.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen