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Wer diskriminiert, soll zahlen

Koalition einigt sich auf Gesetz, um Benachteiligungen im Alltag zu verhindern. Grüne dämpfen Erwartungen: „Das große Problem wird der Nachweis sein“

BERLIN taz ■ Was lange angekündigt wurde, wird nun Gesetz. Wer Schwarzen den Zutritt zur Disco verwehrt, Ausländer als Mieter ablehnt oder Schwulen keinen Job gibt, muss künftig damit rechnen, verklagt zu werden. Nach dem neuen Antisdiskriminierungsgesetz (ADG), auf das sich SPD und Grüne jetzt geeinigt haben, können Opfer von Benachteiligungen zumindest „angemessenen und abschreckenden Schadenersatz“ verlangen. Unter Umständen kann auch der Zugang oder der Vertragsschluss erzwungen werden.

Im Einzelnen ist das Gesetz ziemlich verwinkelt. Vollen ADG-Schutz gibt es nur für Menschen, die auf Grund ihrer ethnischen Herkunft oder Rasse benachteiligt werden. Dagegen ist der Schutz mit Blick auf sechs andere Merkmale – Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Behinderung, Religion, Weltanschauung – eingeschränkt auf das Arbeitsleben und zivilrechtliche Massengeschäfte. Gemeint sind damit alle Bereiche, in denen die persönliche Auswahl des Vertragspartners typischerweise keine wichtige Rolle spielt, also zum Beispiel im Einzelhandel, in der Gastronomie oder bei Verkehrsbetrieben.

Umstritten war lange, ob auch die Vermietung durch Wohnungsgesellschaften zum Massengeschäft zählt. Die Grünen waren dafür, weil sie betroffenen Minderheiten möglichst viel Diskriminierungsschutz sichern wollten, Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) war dagegen, weil es bei der Auswahl des Mieters wegen der langfristigen Bindung immer auf die Person ankomme. Im vorgestellten Gesetzentwurf heißt es nun sybillinisch, wenn ein großer Wohnungsanbieter eine Vielzahl von Wohnungen anbiete, dann löse dies „vielfach“ den vollen Schutz aus. Wer dagegen eine Wohnung im selbst genutzten Haus vermietet, fällt eindeutig nicht unter das Gesetz. Zahlreiche weitere Ausnahmen stellen sicher, dass Kinderteller, Frauenparkplätze, Schwulenbuchläden und katholische Altersheime bestehen bleiben können.

Mit dem Gesetz werden drei Richtlinien der EU umgesetzt. Den Entwurf stellten gestern die Verhandlungsführer Volker Beck (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) vor. Im Januar wird er in den Bundestag eingebracht. Während Beck das Gesetz als „Meilenstein“ rot-grüner Gesellschaftspolitik bezeichnete, betonte Scholz, für „95 Prozent der Bürger, die sich anständig benehmen“, werde sich nichts ändern.

Das Gesetz bringt zwar Beweiserleichterungen für die Betroffenen und sie können ihre Ansprüche mit Hilfe von Verbänden durchsetzen. Mit der von der Wirtschaft befürchteten Klagewelle ist allerdings nicht zu rechnen. Ausgeschlossen ist künftig vor allem die offene Diskriminierung (“Ausländer unerwünscht“) in Annoncen oder am Eingang von Geschäften. Derartiges hat es in Deutschland aber ohnehin kaum gegeben. Auch Beck weiß: „Das große Problem wird der Nachweis sein.“ Insofern dürfte das ADG nicht zuletzt Symbol und Denkanstoß sein.

CHRISTIAN RATH, LUKAS WALLRAFF

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