KUNSTRUNDGANG: Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um
Ruhig war’s in den letzten Tagen. Keine Eröffnung, kein Event, nichts, was die Kunsthungrigen vom Böllerkaufen abgehalten hätte. Wer’s nun nicht mehr erwarten kann, bis am Freitag Alexander Wolf mit seiner fotografischen Malerei, deren Motive zumeist aus dem Fernsehen stammen, eine sanfte Brücke vom Sofa zum White Cube der Galerie Pernkopf baut, dem sei Tomo Savic-Gecan in der Galerie Isabella Bortolozzi empfohlen. Der Kroate, der sein Kunststudium in Mailand beendete und heute in Amsterdam und Zagreb lebt, hat schwer erkennbar eine Säule in den Ausstellungsraum integriert, die sich kaum merklich dreht. Diese Rotation basiert auf Bewegungsdaten von Eröffnungsgästen der Portal II, die 2003 im Kasseler Fridericianum stattfand. Sich drehende Oberflächen, die aussehen, wie die direkt daneben – wer mag sich danach noch gerne unters Vernissagenvolk begeben? Eher unspektakuläre Momente sind es denn auch, die Marc Brandenburg in seinen aufwändigen Bleistiftzeichnungen festhält und zu bizarren Szenen im alltäglichen Wahn werden lässt. Sein fotografisch exakter Stil, oft im Negativformat umgesetzt, ist so straight und hart wie die Punkbewegung, mit der der 39-Jährige aufwuchs. So wird der Berliner Tiergarten zum undurchdringlichen Dschungel, in dem die Mittemenschen in ihren Dresscode-Markenartikeln nahezu verschwinden. Dass es sich bei dem Abgebildeten um Brandenburg selbst handelt, verschärft die bedrohliche Stimmung dieser 16-teiligen Serie. In anderen Bildern zeigt er etwa ein Kind im Batmankostüm neben einem Weihnachtsbaum oder Ronald McDonald, wie er sich vor einer Burgerfiliale auf der Parkbank räkelt. Monster des alltäglichen Seins, möchte man meinen. Original und Reproduktion, Kommerz und Subversion reiben sich hier ständig, ohne sich gegenseitig auszuschließen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen