WEINBERGSPARK: Liebe und Drogen
Der Radfahrer, der auf der Brunnenstraße langfährt, sagt zu seinem Begleiter: „Ich schlage mich hier durch den Weinbergspark.“ „Drogen kaufen!“, erwidert der. Der Erste biegt ab, ruft noch: „Für die Kinder, ist billiger als Essen.“ Beide lachen. Die Wiese ist von Sonnenanbetern dicht belagert, auch auf der Terrasse des Nola’s sind kaum noch Stühle frei.
Während die Glocken sechs Uhr abends schlagen, sagt die rothaarige Frau an einem anderen Tisch, die wohl Ende 40 ist und eine überdimensionale Sonnenbrille trägt, zu ihrem glatzköpfigen Begleiter von Mitte 50: „Tobias und Suse haben in dem Neubau da drüben gewohnt, die sind jetzt nach Lichterfelde-West gezogen, da sei es so schön und da säßen keine Rauschgiftsüchtigen in den Parks.“
„Ja, das liebe Rauschgift!“, antwortet der Mann. „Ich weiß gar nicht, wie ich ohne über die Runden käme. Da ist eine große Lücke in meinem Leben ohne dich. Ich weine viel.“ Sie greift seine Hand. Minutenlang sitzen sie schweigend da.
„Wie geht’s dir?“, fragt er. „Sehr gut.“ – „Wie kommt’s?“ – „Ich bin verliebt.“ – „In Peter?“ Sie bestätigt es. „Das ging ja schnell. Trennt er sich von seiner Freundin?“ – „Das ist noch offen.“ Vor der Terrasse beginnt ein Cellist mit Zylinderhut und Verstärker das sonnenhungrige Volk musikalisch zu beglücken. Die Melodien fliegen über den Park.
Ein junger Mann, Mitte 20, der sich bis eben in Unterhose gesonnt hat, zieht sich Shorts und T-Shirt an, nimmt seinen Rucksack und geht zu einer schönen Frau mit langen, schwarzen Haaren: „Entschuldigung, kann ich dich mal zu einem Kaffee einladen?“ – „Tut mir leid, ich habe einen Freund.“ – „Aber das stört doch nicht beim Kaffeetrinken.“ „Ich bin geschmeichelt, aber nein.“ – „Schade!“, sagt der Mann, „auf Wiedersehen!“ und verlässt den Park. Die Sonne versinkt glut- und blutrot hinter den Häusern der Brunnenstraße.
FALKO HENNIG
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen