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Sauberer Sprung in der Satellitenschüssel

FINNISCHER AFRO-JAZZ An überbordender Phantasie und Extravaganz hat es dem finnischen Sun Ra-Erben Jimi Tenor noch nie gemangelt. Jetzt mischt er auf „4th Dimension“ mit dem westafrikanischen Trio „Kabu Kabu“ zum zweiten Mal Afrobeat, Jazz und Funk

An überbordender Phantasie und Extravaganz hat es dem Mann nie gemangelt

VON ROBERT MATTHIES

Für einige ist Jimi Tenor schlicht ein Spinner. Für andere ist der kosmopolitische Finne ein Genie, dass sich bisweilen eben sehr nah an der Grenze zum Wahnsinn aufhält. Unbestreitbar jedenfalls hat es dem Mann mit der überdimensionierten Brille an überbordender Phantasie und Extravaganz nie gemangelt.

Ob Mitte der 90er mit „Take Me Baby“ als technoide Lounge-Version von Sun Ra und Barry White zugleich, auf den, nun ja, sehr eigenen Prog-Space-Jazz-Alben „Utopian Dream“ und „Beyond the Stars“ oder bei den „vorsichtigen“ 50 / 50-Rekompositionen von Reich-, Messiaen- oder Satie-Stücken. Nie kann man sich sicher sein, was der Eklektiker nun zusammenmischt. Kauzig und intensiv wird es in jedem Fall sein.

Seit zwei Jahren steht Tenor wie sein Vorbild Sun Ra in einen mit Weltraum-Motiven bestickten Samtmantel und goldene Schnabelschuhen gewandet auf der Bühne und widmet sich mit den Musikern von „Kabu Kabu“ seiner größer werdenden Leidenschaft für Afrobeat und Jazz. „Joystone“ hieß das Debüt der Kollaboration mit den westafrikanischen Musikern um den ehemaligen Fela-Kuti-Percussionisten Nicholas Addo Nettey.

Jetzt haben sich Tenor und „Kabu Kabu“ gemeinsam noch einmal in die „4th Dimension“ begeben und mischen voller Spielfreude ein üppiges Gebräu aus Space-Jazz, Fernsehseriensoundtracks, Afrobeat und allerhand traditioneller afrikanischer Musik zusammen. Dabei ist es gerade für Tenor-Neulinge entspannend – vielleicht auch für den Protagonisten selbst –, dass der wunderliche Meister über das kreative Chaos die strukturierenden Hände der erfahrenen Musikerkollegen hinter sich weiß. So gelingt der finnisch-westafrikanischen Kollaboration, die sich in Berlin kennengelernt hat, ein Afro-Jazz-Album, das den Vergleich mit Szene-Größen nicht fürchten muss. Und dem Tenor’schen Hang zum phantasievollen Überborden genug Platz lassen kann.

So, 24. 5., 20 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66

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