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berliner szenen Weihnachten im Januar

Kein Ende in Sicht

Erst war es einer, der so spät im Januar noch vor der Tür geschmissen wurde, Prenzlauer Allee/Ecke Immanuelkirchstraße. Über Nacht aber vermochte selbst dieser alte und vertrocknete Weihnachtsbaum noch eine unwiderstehliche Anziehungskraft zu entwickeln, und es entstand ein großer verknäulter Weihnachtsbaumhaufen. Man wundert sich, was da alles noch an Tannen rumsteht in den Wohnungen. Seit geschlagenen drei Wochen fliegen die Bäume aus den Häusern und verstopfen wie beispielsweise in der Immanuelkirch- oder der Winsstraße die Fußwege derart, dass man mitunter gar auf die Straße wechseln muss oder, wie der Kollege gerade berichtet, auch auf Fahrradwegen einfädelt und gar stürzt. Holt die keiner ab? Was ist los, BSR? Oder macht sie das nicht mehr?

Verwunderlich sind die vielen Weihnachtsbäume auf der Straße auch deshalb, weil gerade die Gegend um den Kollwitzplatz zu Weihnachten extrem ausgestorben ist. Die neuen Prenzelberger feiern in der Regel lieber in Westdeutschland als in der neuen Heimat. Insofern stehen die im Moment so zahlreich auf den Straßen herumliegenden Weihnachtsbäume im krassen Gegensatz zu der pünktlich zum 23. 12. einsetzenden Stadtflucht. Ob die Bäume vielleicht erst im neuen Jahr aufgestellt wurden?

Richtig ärgerlich sind die Weihnachstbaumleichen jedoch, weil sie noch immer an die Weihnachtszeit gemahnen, vor allem aber an die schwierige, aber schöne Zeit zwischen den Jahren und die schwierige und alles andere als schöne Zeit zum Jahresanfang. Erinnerung, sprich, heißt es da, eben über diesen herrlichen Stillstand zwischen den Jahren. Sie hindert einen aber daran, jetzt endlich mal richtig loszulegen und das Jahr zu beginnen.

GERRIT BARTELS

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