: Skeptische Mehrheit
Umfrage: Bürger Schleswig-Holsteins und Hamburgs befürworten Länderfusion, erwarten sie aber nicht
Der Trend geht zur Fusion: Eine klare Mehrheit von 52 Prozent der Bevölkerung spricht sich in Schleswig-Holstein und in Hamburg fürs Zusammenlegen der beiden Bundesländer aus, strikt dagegen sind im Stadtstaat 36, im Flächenland 37 Prozent. Das ist das Ergebnis einer gestern veröffentlichten Studie des Meinungsforschungsinstituts Psephos. Das steht nicht im Ruch, Gefälligkeitsgutachten zu produzieren, obwohl der Auftraggeber – der bereits fusionierte Unternehmensverband Nord (UVN) – Gefallen am Ergebnis der repräsentativen Umfrage gefunden haben dürfte.
Der UVN nämlich plädiert schon seit längerem fürs Zusammengehen der beiden Länder. Stolz konnte dessen Präsident Hans Heinrich Driftmann daher bei der Präsentation der Studie den Ball an die Politik weiterspielen: „Das klare Bekenntnis der Bevölkerung“, sagte er, „sollte Senat und Landesregierung Mut machen, einen Fusionsplan zu erarbeiten.“ Und auch die Länderparlamente dürften nicht einfach „am Willen der Bevölkerung vorbeiregieren“.
Was die will, ist weitgehend ungeklärt: Knapp 20 Prozent der Befragten in beiden Ländern unterstellen jedenfalls, dass den Regierungen das Projekt „sicher nicht“ gelingen wird, und über 40 Prozent halten es zumindest für unwahrscheinlich. Anders als in Berlin und Brandenburg, wo die politisch gewünschte Fusion in der Volksbefragung keine Mehrheit gefunden hatte, fehlt beim Projekt Nordstaat bislang eine treibende Kraft. Am ehesten noch macht sich Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) der sich im Laufe des vergangenen Jahres in dezidiertem Schlingerkurs von der Ablehnung dieser „Gespensterdiskussion“ in Richtung Fusionsbefürworter entwickelt hat, bislang die Forderung zu eigen. In Kiel vermied man es hingegen nach Möglichkeit, die Frage zu erörtern. Und wenn, dann bitte ohne sich festzulegen.
Das setzte sich auch gestern fort: Wirtschaftsminister Bernd Rohwer (SPD) sprach sich dafür aus, die engen Kontakte zu Hamburg zu verstärken. Er sei „ziemlich sicher“, dass bei einer Intensivierung der Zusammenarbeit eine gemeinsame Region fast automatisch entstehen werde. Der grüne Kieler Koalitionspartner kommentierte die Umfrage-Ergebnisse mit den Worten: „Hamburg ist unsere Metropole und Schleswig-Holstein das attraktive Umland.“ Das ist und bleibt auf absehbare Zeit eine wahre Aussage – mit oder ohne Fusion. bes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen