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Kartoffel- brei per Mausklick

VORFÜHREFFEKT Ein Bremer Forschungsprojekt entwickelt einen Assistenzroboter für Behinderte, der Essen zubereiten, füttern und kleine Arbeiten erledigen können soll. Die Tücke liegt bei „Friend“ im Detail, wie die Premiere zeigt

90 Minuten Autonomie

Der Assistenz- und Rehabilitationsroboter „Friend“ soll für Menschen mit Querschnittslähmungen Berufs- und Alltagsszenarien wie die Essenszubereitung erledigen.

■ Das hält er 90 Minuten durch, dann muss der Akku aufgeladen werden.

■ „Friend“ entwickelt das Forschungsprojekt „Autonome Manipulatorsteuerung für Rehabilitationsroboter“ – kurz „Amarob“ – mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

■ An „Amarob“ sind neben dem Institut für Automatisierungstechnik der Uni Bremen (IAT) verschiedene Forschungs- und Entwicklungsinstitute aus Wissenschaft und Wirtschaft beteiligt.

VON TERESA HAVLICEK

Eine Weile dauert es, bis der Assistenzroboter „Friend“ den Teller Kartoffelbrei in die Mikrowelle schiebt. Als die klingelnd aufspringt, holt der Roboter das Essen heraus und stellt es auf den Armlehnen eines klobigen Rollstuhls ab. Leise surrt der metallische Roboterarm während er ausfährt und mit seiner fleischfarbenen Greifhand einen Löffel packt. Bis der Löffel Kartoffelbrei schließlich kurz vor dem Mund des Mannes im Rollstuhl ankommt, dürfte der Brei allerdings schon kalt sein.

Noch ist „Friend“ eine heilsversprechende Vision: Ein Roboterarm mit Greifhand, angebracht an einem Rollstuhl, der im Leben von Querschnittsgelähmten für mehr Unabhängigkeit und Selbstbestimmung sorgen soll. Dinge aus dem Kühlschrank holen, Essen in der Mikrowelle aufwärmen, auf dem Löffel anreichen oder ein Glas zum Trinken halten – all das soll „Friend“ bald erledigen.

„Die Bewegung ist heute bewusst langsam“, erklärt Oliver Prenzel, Ingenieur am Institut für Automatisierungstechnik (IAT) der Uni Bremen. „Aus Sicherheitsgründen, damit wir jederzeit abbrechen können.“ Denn der Roboterarm hat Kraft: Er selbst wiegt nur 18 Kilo, kann aber zehn Kilo heben. Damit es nicht zu unvorhergesehenen Verletzungen kommt, ist „Friend“ für seine erste öffentliche Vorführung im Neurologischen Rehabilitationszentrum Friedehorst (NRZ) so programmiert, dass er kurz vor dem Körper seines Benutzers stoppt. Er schiebt den Löffel also nicht in den Mund, sondern hält ihn nur hin. In Zukunft aber soll es zum direkten Kontakt zwischen Mensch und Maschine kommen – vom Rücken kratzen bis zum Zähne putzen.

Bei der Premiere ist es ein Doktorand des IAT, der im Rollstuhl sitzt und den Prototypen steuert. Echte Patienten haben das Gerät bislang noch nicht erprobt. Die könnte „Friend“ in seinem aktuellen Entwicklungsstadium auch schlichtweg überfordern: An den Rollstuhl ist ein Bildschirm montiert, der die Benutzeroberfläche zeigt. Bedient wird das Menü über einen Joystick mit dem Kinn, per Sprache oder über eine so genannte Human-Brain-Interface, die Hirnströme misst und in Computerbefehle übersetzt. Wer heute schon Probleme hat, am Automaten eine Bahnfahrkarte zu ziehen, den wird „Friend“ eiskalt verhungern lassen, so kompliziert ist die Menüführung.

Benutzerfreundlichkeit und Software hätten noch Entwicklungsbedarf, sagen die Entwickler bei der Vorführung. „Die meisten Patienten hier im Reha-Zentrum könnten den ’Friend’ noch gar nicht bedienen“, räumt Matthias Spranger ein, ärztlicher Leiter am NRZ. Bislang eigne sich „Friend“ ausschließlich für körperlich beeinträchtigte Menschen – die Anforderungen an die kognitiven Fähigkeiten zum Bedienen seien hoch, erklärt Spranger.

In Zukunft aber solle der Roboter Querschnittsgelähmten, Muskelerkrankten, Pflegebedürftigen, Schlaganfall- oder Multiple Sklerose-Patienten nicht nur den Alltag zu Hause erleichtern, sondern auch eine Eingliederung ins Arbeitsleben ermöglichen. „Wir arbeiten daran, dass ‚Friend‘ Handlungsabläufe beherrscht, um einen Servicetresen in einer Bibliothek zu bedienen“, sagt Ingenieur Prenzel. Auch Tätigkeiten in Behindertenwerkstätten wie einfache Sortierarbeiten sollen mit „Friend“ die Menschen übernehmen können, denen die motorischen und haptischen Fähigkeiten dazu fehlen.

Entscheidend für die Weiterentwicklung sei, wie potenzielle Nutzer den Assistenten annehmen. Der Prototyp allein kostet 120.000 Euro, bei einer höheren Stückzahl läge der Preis bei etwa 70.000 Euro. Einzelne Komponenten wie der Roboterarm könnten aber schon jetzt vermarktet werden, erklärt Prenzel. „Patienten, die gar nichts mehr selbst machen können“, sagt er, „sind froh über jede Hilfe“. Der Arzt und Therapeut Spranger ist da ein wenig verhaltener: „Vielleicht wollen die aber lieber einen Menschen, der sie umsorgt“.

Die Premierengäste – darunter viele Mitarbeiter des Rehabilitationszentrums – haben indes ganz andere Sorgen: Gerade der Unterstützungsbedarf bei der Nahrungsaufnahme sei doch ein zentrales Kriterium bei der Festlegung der Pflegestufe, wirft einer ein. Dass „Friend“ das menschliche Pflegepersonal ersetzen werde, ist seine Sorge. Die Entwickler des maschinellen Helfers sehen diese Gefahr nicht: „In Zukunft wird es in unserer alternden Gesellschaft eher eine Pflegeversorgungslücke geben“, sagt Prenzel. „Da kann man solche Systeme sinnvoll einsetzen.“ Außerdem ist er sich sicher: „Die Technikfreundlichkeit in den nachwachsenden Generationen wird immer größer.“ Das gibt die Hoffnung, dass die es dann im Alter auch mit der Bedienung von „Friend“ aufnehmen.

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