CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI: Pillen, Pflicht und Polizei
So ein Pharmaziestudium verbindet: Früher standen sie zusammen als „The Wonderpills“ auf der Bühne, heute hocken sie sich am Tresen gegenüber. Bernhard Sardis (Thomas Dannemann) besitzt in Konstanz die Edelbar „Limelight“, Fabian Keller (Peter Ketnath) schnorrt hier Drinks. Pharmazeutisch sind die beiden aber immer noch im großen Stil unterwegs: Unternehmer Sardis verdealt Aids-Medikamente nach Afrika, der abgewrackte Ex-Kommilitone indes Pillen an Disco-Gäste. Vertrauenswürdigkeit geht anders. Und was hat Ermittler-Assistent Perlmann (Sebastian Bezzel) mit den beiden zu tun? Ausgerechnet im „Limelight“ bespricht er sich mit zwei Kommissaranwärtern, wird aber durch eine betrunkene junge Frau von seinen Mentorenpflichten abgelenkt. Am nächsten Tag findet man die Discobekanntschaft tot im Müllcontainer – und gleich daneben Essensmarken für die Polizeikantine.
Pillen und Pflichtbewusstsein: So könnte dieser Bodensee-„Tatort“ überschrieben sein. „Der Sog des Bösen“ aber will sich nicht einstellen. Denn so korrekt Kommissarin Blum (Eva Mattes) allen inneren Widerständen zum Trotz gegen den Kollegen ermittelt – eine ruchvolle Aura entwickelt der Polizei-Yuppie keineswegs. Dass man ein Päckchen Koks bei ihm entdeckt, die von der passionierten Weintrinkerin Blum beschnüffelt wird wie ein edler Roter, reicht kaum aus, um ihn ins Zwielicht zu rücken. Dieses Ausstreuen von Verdachtsmomenten wirkt auf Dauer ebenso bemüht wie der hingeworfene Verweis auf den Medikamentenpfusch in Afrika.
Dabei lag dem Pharmaziethriller (Buch: Susanne Schneider, Regie: Didi Danquart) eine reizvolle Idee zugrunde. Wie gern hätte man doch Ermittler Perlmann, diesen ewig um Aufstieg bemühten Gernegroß, in den Teufelskreis der Versuchung begleitet. So aber bleibt er ein blasses Bübchen im Designeranzug.
■ Bodensee-„Tatort“: „Der Sog des Bösen“, So., 20.15 Uhr, ARD
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